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Nach 1000-jähriger Feindschaft schlossen Großbritannien und Frankreich am Dienstag eine enge Kooperation in Verteidigungsfragen. Die Verträge unterschrieben Premier David Cameron und Präsident Nicolas Sarkozy. Es soll gemeinsame Brigaden und Atomwaffenforschung geben. Hintergrund ist der Sparzwang in beiden Ländern, Kritiker witzeln über eine "Entente frugale".

Foto: epa/Andy Rain

Die Dienstag vereinbarte enge Zusammenarbeit zwischen Großbritannien und Frankreich in Verteidigungsfragen stößt in London auf große Skepsis. Kurz nach der feierlichen Vertragsunterzeichnung von Präsident Nicolas Sarkozy und Premier David Cameron warnte der führende Tory-Parlamentarier Patrick Jenkin vor der "seit langem bekannten Doppelzüngigkeit" des Nachbarn und beschwor die "vorrangige Partnerschaft" mit den USA. Auch Paddy Ashdown, der Ex-Bosnienbeauftragte der EU, sieht Probleme voraus: "Während unsere Regierung von Souveränität redet, sehen die Franzosen den Beginn einer organischen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene."

Die Verträge mit einer Laufzeit von 50 Jahren sehen eine enge Verzahnung aller Teilstreitkräfte sowie die gemeinsame Weiterentwicklung der Atom-Bewaffnung vor. So soll eine schnelle Einsatztruppe von 6000 Soldaten so eng miteinander trainieren, dass sie gemeinsam in weltweite Einsätze geschickt werden könnten. Die Einsatzzeiten der Flugzeugträger werden aufeinander abgestimmt. Gemeinsam wollen die beiden Länder auch eine neue Atomtest-Anlage bei Dijon betreiben.

Die Nachbarn seien "natürliche Partner" und könnten durch "den mutigen Schritt" zu engerer Zusammenarbeit viel Geld sparen, betonte Cameron: "Großbritannien und Frankreich sind und bleiben aber souveräne Staaten." Nur halb im Scherz berichtete indes der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Unterhaus, James Arbuthnot, er habe "den Franzosen verziehen". Einer seiner Vorfahren war in der Seeschlacht von Trafalgar 1805 getötet worden. Oberst Tim Collins erinnerte an die mangelnde Unterstützung Frankreichs im Kampf um die Falkland-Inseln 1982. Und auch in Bosnien sei man "bei der Jagd nach Kriegsverbrechern allein besser zurechtgekommen". Spötter in London sprechen auch von einer "Entente frugale".

Umgekehrt sprechen Franzosen hinter vorgehaltener Hand bis heute vom "perfiden Albion": Wann immer es zum Schwur kommt, handle London als Vasall der USA und lasse die europäischen Verbündeten im Stich. Sarkozy betonte in der gemeinsamen Pressekonferenz mehrfach sein gutes Verhältnis zur deutschen Kanzlerin Angela Merkel und versuchte, Brüsseler Skeptikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: "Wenn Großbritannien und Frankreich erfolgreich sind, ist damit auch der EU geholfen." (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD, Printausgabe, 3.11.2010)