Wien - Der heuer zum zweiten Mal sowohl in den Kategorien Spielfilm wie Dokumentarfilm verliehene Wiener Filmpreis geht an den Zombie-Film "Rammbock" des Wiener Regisseurs Marvin Kren und die österreichische Doku "Kick Off" von Hüseyin Tabak, teilte die Viennale am Mittwoch im Rahmen des Bilanz-Pressegesprächs mit. Beide Filmemacher werden bei der Abschlussgala am Abend im Wiener Gartenbaukino anwesend sein.
Der an heimische Produktionen vergebene Wiener Filmpreis ist pro Kategorie mit Geldspenden und Sachwerten in der Höhe von 14.000 Euro dotiert. Die Jury bestand heuer aus Sabine Gruber, Amina Handke, Katharina Lorenz, Hans Schabus und Hip-Hop-Künstler Martin Skerwald und lobte den deutschen Zombie-Streifen "Rammbock" des Wiener Regisseurs Kren als "eigenwillige Interpretation eines Genres". Der Dokumentarfilm "Kick Off", der die österreichische Fußballmannschaft auf dem Weg zum "Homeless World Cup" begleitet, gebe wiederum "berührende Einblicke in die Lebenswelten der Protagonisten". Houchang Allahyaris Film "Die verrückte Welt der Ute Bock" erhält zudem eine lobende Erwähnung der Jury.
Österreichische Beteiligung gab es auch bei "Periferic", dem Gewinnerfilm des FIPRESCI-Preises der internationalen Filmkritik für den besten Erst- oder Zweitfilm. In dem von Josef Aichholzer koproduzierten Drama porträtiert der rumänische Regisseur Bogdan George Apetri eine junge Frau (Ana Ularu), die ihren 24-stündigen Gefängnisfreigang zur Flucht nützen will (regulärer Österreich-Kinostart im kommenden Frühjahr). Die internationale Jury betonte vor allem die "intensive Darbietung porträtiert von einer charismatischen Hauptdarstellerin". Die erst 25-jährige Ana Ularu war zuvor beim Filmfestival Locarno mit dem Preis der Schweizer Filmkritik als beste Schauspielerin ausgezeichnet worden.
Der "Standard"-Publikukumspreis, verbunden mit einer Verleihförderung in Form von Anzeigenfläche, geht an die US-Doku "Marwencol" von Jeff Malmberg.
Konstante Besucher-Steigerung
Auch bei der 48. Auflage konnte die Viennale die Besucherzahlen und Auslastung steigern. 96.300 Zuseher und somit 1.500 mehr als vergangenes Jahr besuchten die Filmfestspiele, auch die Auslastung stieg leicht von 79,6 auf 79,8 Prozent. "Wir freuen uns natürlich sehr, dass es uns wieder gelungen ist, ein wenig zuzulegen", sagte Festivaldirektor Hans Hurch: "Ich glaube, dass eine konstante, geringe Steigerung gesund für dieses Festival ist. Die Viennale hat eine sehr schöne Entwicklung genommen."
Mehr als ein Drittel der Kinovorstellungen (123 von 351) waren ausverkauft, die Dokumentarfilme hätten hierbei wie in den Vorjahren eine "hohe Akzeptanz im Verhältnis zu den Spielfilmen" erhalten, so Hurch. Die spontan in das Programm aufgenommene Matinee, bei der Gert Voss und Andre Heller zum Film "Scheitern, scheitern, besser scheitern!" geladen waren, sei innerhalb von zwei Tagen ausverkauft gewesen und habe auch Publikum ins Kino gelockt, "das möglicherweise von einem Theaterhintergrund kommt und die Viennale gar nicht kennt".
Besonders zufrieden zeigte sich Hurch mit dem Erfolg des Tributes zum amerikanischen Filmemacher Larry Cohen, der auch als Festivalgast in Wien war. "Das Tribute-Programm zu Cohen war eines der erfolgreichsten der letzten Jahre", meinte Hurch. "Von 16 gezeigten Filme waren einige ausverkauft, das war eine große, schöne Überraschung."
Während das Tribute zum französischen Kameramann William Lubtchansky "nicht ganz den Erwartungen entsprochen" habe, sei das erstmals programmierte Kurzfilmprogramm im Gartenbaukino gut aufgenommen worden. Auch das im Vorjahr eingeführte Festivalzentrum am Badeschiff habe sich mittlerweile etabliert, "wir konnten einen starken Zuwachs an Gästen bemerken".
Investitionen in Struktur
Hatte Hurch noch vor Beginn des Festivals gesagt, man müsse bei stetigem Zuschauerzuwachs "mit dem Hype Schritt halten", wandte er sich zum Festivalabschluss an die Politik. "Das Festival ist im Laufe der vergangenen Jahre schneller gewachsen als die Struktur, mit der wir es betreiben", so der Festivaldirektor. "Das merken wir einerseits in der Soft- und Hardware im Verkauf und andererseits bei der digitalen Projektion." Da man einzelne Filme nur noch als digitale Kopie bekomme, wurde für zwei Tage ein digitaler Projektor im Gartenbaukino installiert. Gekostet habe das 20.000 Euro - "eigentlich verschwendetes Geld", so Hurch.
Er appellierte vor allem an den Bund, das Festival nicht als "lokalen Event", sondern als international beachtete Veranstaltung mit österreichweiter Bedeutung zu verstehen. "Die Viennale muss in den nächsten Jahren stufenweise finanziert werden", meinte Hurch, der heuer erneut "viel Geld in die Struktur investiert" hat. "Ich glaube, dass jetzt ein Punkt gekommen ist, an dem es notwendig wird, das zu tun." Noch bis 2013 läuft sein Vertrag, bis dahin wolle er "nicht locker lassen". Manchmal muss man aber auch gehen lassen. Den nur spärlich erschienenen Journalisten am Wiener Badeschiff sagte er: "Ich glaube, Sie waren Zeugen der letzten Abschluss-Pressekonferenz des Wiener Internationalen Filmfestivals Viennale."
Die 48. Viennale geht am Abend mit dem mexikanischen Abschlussfilm "Alamar" von Pedro Gonzalez-Rubio und dem Avantgarde-Kurzfilm "Shadow Cuts" des österreichischen Experimentalfilmemachers Martin Arnold zu Ende.
Rohmer-Retrospektive: "Rundum zufrieden" mit Bilanz
Einen Tag nach der Viennale-Abschlussgala endet auch die diesjährige Retrospektive im Filmmuseum, die dem im Jänner verstorbenen französischen Filmemacher Eric Rohmer gewidmet war. Der Besuchererfolg des Vorjahres, bei dem 5.900 Menschen die Retro "The Uniquiet American" besucht hatten, konnte zwar nicht erreicht werden, Filmmuseum-Direktor Alexander Horwath zeigte sich auf Anfrage aber "rundum zufrieden" mit der Bilanz. Seit ihrem Start am 7. Oktober verzeichnete die Schau knapp 4.700 Besucher bei einer Auslastung von 50 Prozent. "In den ersten Tagen waren wir gut, aber nicht sehr gut besucht", meinte Horwath, "aber die Zahlen sind von Tag zu Tag gewachsen, sodass wir am letzten Wochenende mehrere ausverkaufte Vorstellungen hatten."
Als persönlichen Erfolg führte Horwath den Besuch von vier Gästen an, die einst intensiv mit Rohmer zusammengearbeitet haben. So waren neben den französischen Schauspielerinnen Marie Riviere und Beatrice Romand auch Rohmers ehemalige Mitarbeiterin Jackie Raynal und der Filmkritiker Jean Douchet zu Gast. "Das waren Gespräche und Diskussionen mit dem Publikum, die ganz unterschiedliche Lichter auf Rohmer geworfen haben", so Horwath. "Wer die Schau verfolgt hat, hat eine sehr vielfältige und weit über die Filme hinausgehende Vorstellung über den Künstler Rohmer erhalten. Das ist der schönste Lohn und Erfolg, den man sich wünschen kann." (APA)