Wien - "Das Alter ist weiblich", führte am Donnerstag Wiens Frauengesundheitsbeauftragte Beate Wimmer-Puchinger bei einer Pressekonferenz aus Anlass der "10. Wiener Gefäßgespräche" (5. bis 6. November) aus, bei denen es in diesem Jahr speziell um weibliche Patientinnen geht. Gefäßerkrankungen sind nämlich auch zunehmend "weiblich", betonten Experten vom Wilhelminenspital.

"Melden sich bei Beschwerden später"

"Wir haben in Wien 1.200 bis 1.500 große Herzinfarkte im Jahr. Zu ca. 30 Prozent sind davon Frauen betroffen, zu 70 Prozent sind es Männer. Bei den über 75-Jährigen ist jeder zweite Infarktpatient eine Frau, bei den über 80-Jährigen sind 80 Prozent Frauen. Wichtig ist, dass Frauen mit Herzinfarkt öfter sterben. (...) Frauen mit Infarkt sind um zehn Jahre älter als Männer. Sie haben mehr Begleiterkrankungen und sie melden sich bei Beschwerden später", sagte Kardiologe Kurt Huber vom Wiener Wilhelminenspital.

Ende 2002 betrug die Sterblichkeit bei akutem Myokardinfarkt in Wien noch 16 Prozent. Durch die Etablierung eines Netzwerkes von Abteilungen, die rund um die Uhr die Aufdehnung von verlegten Herzkranzgefäßen mit Kathetern ermöglichen, sank sie mittlerweile auf an die fünf Prozent. Doch es gibt einen Geschlechterunterschied. Huber: "In den Jahren 2003 bis 2006 lag die Sterblichkeit von Männern nach Katheterbehandlung bei sieben Prozent, jene von Frauen bei zwölf Prozent." Ein wahrscheinlicher Grund dafür, so der Experte: "Frauen melden sich später."

So schlagen 70 Prozent der Männer mit einem akuten Herzinfarkt binnen zwei Stunden via Rettung Alarm und bekommen so innerhalb der optimalen Zeit nach Einsetzen der Symptome die potenziell lebensrettende Therapie per Herzkatheter oder Medikamente zur Auflösung des Blutgerinnsels im Herzen. Frauen melden sich nur zu 30 Prozent innerhalb dieses Zeitraums. Sie haben auch oft atypische Beschwerden. Huber: "Aber alle 'Sensationen' zwischen Nasenspitze und Bauchnabel, die länger als 20 Minuten anhalten haben etwas zu bedeuten."

Keine Benachteiligung, aber Besorgnis

Eine Benachteiligung der Frauen durch die Männermedizin liege in der Bundeshauptstadt - so Kardiologe Huber - nicht vor: "In Wien werden Frauen mit Sicherheit nicht schlechter behandelt als Männer. Am Wilhelminenspital implantieren wir zum Beispiel mehr Schrittmacher bei Frauen als bei Männern. (...) Erschreckend ist, dass mehr junge Frauen rauchen. Rauchen und 'Pille' aber sind gefährlich." Es käme zu frühen und schweren Infarkten, die nicht auf Atherosklerose, sondern auf Blugerinnselbildung zurück zu führen seien. Ähnlich sei das bei "automatischer Hormonersatztherapie" in der Menopause und dem Vorliegen weiterer Gefäß-Risikofaktoren. Am Wiener Wilhelminenspital arbeitet man derzeit daran, ein interdisziplinäres Gefäßzentrum auch formell einzurichten. (APA)