Berlin - 61,2 Milliarden Euro. Das ist die neue Lieblingszahl im deutschen Finanzministerium. Dort hat der Arbeitskreis Steuerschätzung am Donnerstag seinen Herbstbericht vorgelegt. Und dieser besagt: Bis Ende des Jahres 2011 können Bund, Länder und Gemeinden 61,2 Milliarden Euro mehr einnehmen als noch vor einem halben Jahr angenommen.

Angesichts des Steuergeschenks wird in der FDP wieder der Ruf nach Steuersenkungen laut. Zwar habe die Haushaltskonsolidierung Priorität, erklärt Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), "aber wir wollen auch den Freiraum schaffen, dass wir steuerlich die Mitte entlasten". Er gehe fest davon aus, "dass wir noch in dieser Legislaturperiode entsprechende Schritte gemeinsam in der Koalition einleiten".

Weniger Schulden

Doch Kanzlerin Angela Merkel will vom Begehr der FDP auch in konjunkturell besseren Zeiten nichts hören. "Die erfreuliche Konjunkturentwicklung beschert uns nicht mehr Geld zum Ausgeben, sondern führt lediglich dazu, dass wir weniger Schulden machen müssen als geplant", erklärt sie und verweist darauf, dass der Bund im Jahr 2010 immer noch 50 Milliarden an neuen Schulden aufnehmen müsse. Sollte es überhaupt irgendwann Spielraum geben, müsse man zunächst einmal an die finanzschwachen Kommunen denken.

Rein rechnerisch entfallen auf jeden Bewohner in Deutschland 22.000 Euro Staatsschulden. Die Bundesregierung gibt jährlich fast 40 Milliarden Euro an Zinsen aus. Bei Gesamtausgaben von 300 Milliarden Euro ist das - hinter den Ausgaben für Sozialleistungen - der größte Posten. (bau, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 5.11.2010)