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Die FPÖ präsentierte den "ORF-Manipulations-Skandal", laut dem Auftraggeber für die bei der Pressenkonferenz zitierten Studie, kann damit jedoch eine Manipulation nicht bewiesen werden.

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Die FPÖ hat "SIE HEI" wahrgenommen, das Gutachten des Fraunhofer Instituts nicht.

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Chrr Chrrrrr. Seit gestern ist die Causa ORF vs. FPÖ in Sachen "Am Schauplatz" um eine Schnaufzeichnung reicher. Doch was ist wirklich dran an dem neuen Gutachten des Fraunhofer Instituts, das Straches Online-Kameraden theatralisch aufbereitet auch auf youtube gestellt haben? 

Beim Fraunhofer Institut für Digitale Medientechnologie in Deutschland, das tatsächlich zu den renommiertesten Adressen für die Analyse von Video- und Tonaufzeichnungen zählt, hält man sich gegenüber derStandard.at bedeckt. Man sei aus vertragsrechtlichen Gründen nicht in der Lage, weitere Fragen zum Gutachten (zum Download siehe links) zu beantworten. Den Auftrag dafür habe man jedenfalls nicht von der FPÖ, sondern von einem in Wien ansässigen Video-Experten erhalten.

Diesen Experten hat derStandard.at ausfindig gemacht. Der Tontechniker mit 20-jähriger Erfahrung in diesem Bereich, der namentlich nicht genannt werden will, erklärt im Gespräch mit derStandard.at, dass die FPÖ über mehrere Ecken zu ihm gestoßen sei und er keinerlei parteipolitisches Interesse habe. Seine Firma sei zwar spezialisiert auf Video und Audioprodukte, man habe sich dann jedoch an das Fraunhofer Institut gewandt, weil diese "unabhängige Gutachten mit anerkannten Methoden" erstellen. "Uns ging es tatsächlich um die wissenschaftliche Untersuchung, die in solchen Fällen immer spannend ist."

Kein Manipulationsbeweis

Ist das Gutachten nun ein Beweis für eine Manipulation durch den ORF? "Wir dürfen nicht sagen, dass etwas manipuliert wurde, weil es ist nicht bewiesen, dass etwas manipuliert wurde. Das kann man anhand dieses Videos nicht beweisen", so der Fachmann. Seine Firma habe auch stets vor Interpretationen und subjektiven Aussagen zur Studie gewarnt. Das Einzige, das das Gutachten beschreibe: Es gibt eine Passage, die auffällig ist. Bei dieser Sequenz könnte nun entweder zufällig - etwa durch das Übereinanderlegen verschiedener Tonspuren - oder bewusst etwas passiert sein.

Der entsprechende Auszug aus dem Gutachten liest sich so: "In der zweiten Hälfte des betrachteten Ausschnitts ist in beiden Fällen ein stimmhafter Klang wahrnehmbar (die Zeitachse ist relative zum Beginn des Ausatmens zu betrachten, startet also bei Sekunde 10 des Rohmaterials). Aufgrund der starken Behaftung mit Artefakten kann nicht mit Sicherheit festgestellt werden, welche Wortäußerung hier vorliegt. Als einzige objektive Methode zum Bestimmen der Aussage schlagen die Gutachter die Durchführung von Hörtests mit den separierten Audiosignalen vor. Das korrekte Design dieser Hörtests ist dabei ein wichtiger Punkt, z.B. sollten die Probanden möglichst kein Vorwissen über das Audiomaterial haben. Der Fakt, dass das stimmhafte Signal so stark vom Ausatmen überdeckt wurde könnte darauf hinweisen, dass es in einiger Entfernung von den Mikrofonen ausgesprochen wurde und das Ausatmen zu diesem Zeitpunkt absichtlich zum Zweck der Verdeckung beigemischt wurde. Allerdings lassen sich im Signal keine Belege dafür finden."

Kein Wort von "Sieg Heil" oder wie auf dem FPÖ-Video zitierten "Sie Hei". "Das ist eine subjektive Wahrnehmung", meint der Videofachmann zur Präsentation des Gutachtens durch die FPÖ. "Was die FPÖ damit macht, das kann ich nicht beeinflussen." Er unterstreiche nur die wissenschaftliche objektive Aussage der Studie, die besagt, hier gäbe es stimmhafte Anteile, man könne aber nicht den Wortlaut heraus finden.

Der Experte unterstützt dennoch die Forderung des Fraunhofer Instituts nach einer weiteren Analyse. Nur ein Test mit Probanden, die mit dem Material und der Causa nicht vertraut sind, würde Gewissheit bringen, ob hier "Sieg Heil", "Ski Heil" oder sonstirgendetwas gesagt wurde. "Wenn 20 von 100 das Gleiche hören, dann wäre es schon ziemlich verdächtig."

ORF sollte gleiches Gutachten mit Rohmaterial einholen

Um wirklich Klarheit zu schaffen, regt der Experte auch an, der ORF sollte das Rohmaterial, das man auch schon der Staatsanwaltschaft übermittelt hat, ebenfalls dem Fraunhofer-Institut für die gleiche Untersuchung zur Verfügung stellen. (Rainer Schüller, derStandard.at, 5.11.2010)