Arabella Kiesbauer bei der Auftaktveranstaltung von "Treffpunkt Gemeindebau".

Foto: projektXchange

Ibrahim Hakim-Ali gab Kochtipps.

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Aylin Kösetürk mit Jungs aus dem Jugendzentrum Margareten.

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Olugbenga Oduala: Vom Straßenkind in Lagos zum Direktor der Porr AG.

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Die Bewohner des Karl-Seitz Hofs fragten Herrn Oduala, ob er Ideen für ein besseres Miteinander hat.

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Überall, wo Menschen enger und näher zusammenleben, gibt es häufiger Konflikte als anderswo. So ist das auch im Wiener Gemeindebau. Wenn sich alteingesessene BewohnerInnen zum Beispiel darüber aufregen, dass die Nachbarn mit türkischer Herkunft ihre Teppiche zum Trocknen auf die Bänke legen oder die Klopfstangen zu lange besetzen, dann wird das von vielen sofort als Migrations- und Integrationsproblem gesehen.

Der Gemeindebau - für knapp ein Drittel der Wiener Bevölkerung Zuhause, Lebensmittelpunkt und oft auch Konfliktherd. Immer wieder kommt es zu Delogierungen von Menschen aus Gemeindebauten, wie zum Beispiel im aktuellen mehrfach kritisierten Fall der sechsköpfigen Familie im 22. Wiener Bezirk, deren 16-jähriger autistischer Sohn für zwei Nachbarinnen zu laut war. Die Hellhörigkeit der Gemeindebauten und der damit verbundene Lärm ist für viele BewohnerInnen ein Problem.

Konflikte werden ethnisiert

"Viele Konflikte werde ethnisiert," betont Josef Cser, Leiter der Initiative "wohnpartner wien", in der aktuellen Ausgabe des Magazins "integration im fokus". Tatsächliche interkulturelle Konflikte seien minimal, oft werde die Herkunft der Nachbarn vorgeschoben, obwohl es um etwas ganz anderes gehe. Auch der Autor Ilija Trojanow stellt im kürzlich erschienenen Interview mit dem Standard klar: "Es gibt eine völlig unangemessene, falsche, manipulative Reduzierung der sozialen Probleme auf das Thema Migration."

Reine Nachbarschaftsprobleme

Um auch die "Betroffenen", also die BewohnerInnen des Gemeindebaus, von dieser für "Außenstehende" plausible Theorie zu überzeugen, bedarf es MediatorInnen. So gibt es mittlerweile knapp hundert BetreuerInnen der Nachbarschaftsinitiative "wohnpartner wien", die in rund 2300 Gemeindebauten für Beschwerden und Wünsche zur Verfügung stehen und versuchen, zwischen in Konflikt geratenen Nachbarn zu vermitteln.

Gemeinsam mit der "wohnpartner"-Initiative wird derzeit auch das Projekt "Treffpunkt Gemeindebau" verwirklicht. "Soziale Konflikte werden häufig unter dem Motto 'Die Ausländer können sich nicht benehmen' abgehandelt," weiß Brigitte Lendl, Initiatorin des Projekts. "Wir haben in den zwei Jahren intensiver Arbeit zum Thema Integration aber gelernt, dass die meisten Integrationsprobleme reine Nachbarschaftsprobleme sind. Deshalb glauben wir, dass es gerade in Gemeindebauten, wo viele Zuwanderer wohnen, nachbarschaftliche Gespräche und gegenseitiges Kennenlernen helfen, Konflikte aufzuweichen."

Anlass zum Kennenlernen schaffen

Aus diesem Grund besuchen seit Mitte September prominente BotschafterInnen des Projekts, allesamt ÖsterreicherInnen mit Migrationshintergrund, verschiedene Wiener Gemeindebauten. So war zum Beispiel Arabella Kiesbauer zu Gast bei der Auftaktveranstaltung, Chefkoch Ibrahim Hakim-Ali vom Restaurant Sagya schwang gemeinsam mit seinen Gästen die Kochlöffel, "Austria's Next Topmodel"-Gewinnerin Aylin Kösetürk studierte mit Jugendlichen einen Catwalk ein, und Olugbenga Oduala erzählte aus dem Nähkästchen, wie er aus ärmlichen Verhältnissen stammend Direktor der Porr AG wurde.

Bei den Veranstaltungen ging es aber nicht vornehmlich um die Gäste selbst, sondern vielmehr darum, Anlässe für die Menschen aus nächster Nachbarschaft zu schaffen, um zusammenzukommen und sich auszutauschen. "Das Miteinander fördern" steht für Brigitte Lendl im Zentrum der Projektidee, denn durch das persönliche Kennenlernen des "Fremden" können aus der Luft gegriffene Vorurteile leichter abgebaut werden. Mit dem bisherigen Verlauf der Veranstaltungen ist sie sehr zufrieden, da die Gemeindebau-BewohnerInnen die Treffen auch dafür genutzt haben, Probleme anzusprechen und zu diskutieren: "Wir konnten als Begegnungsplatz fungieren." (Jasmin Al-Kattib, 05. November 2010, daStandard.at)