Christa Wolf wurde 1929 in Landsberg an der Warthe geboren. Besonders nach der deutschen Wiedervereinigung wurden ihre Texte kontrovers diskutiert.

Foto: Audio Verlag/DER STANDARD

Es ist fast unheimlich, Christa Wolfs Stimme zu hören. Aber gerade dadurch gewinnt Wolfs Rückschau auf ihr Leben an Intensität, der man sich nicht mehr entziehen kann. Wolf, eine über die DDR hinaus bekannte Schriftstellerin, brauchte Abstand zum Schreiben an diesem Buch, den ihr ein Stipendiat in Los Angeles in den Jahren 1992 und 1993 ermöglicht hatte. Zu dieser Zeit wurde bekannt, dass Wolf in jungen Jahren Stasi-Zuträgerin war. Der Zuhörer kann miterleben, wie schwer sich Wolf tut, nicht nur diese Phase ihres Lebens, die sie gerne vergessen machen wollte, zurückzuholen in die gleißende Sonne der Wirklichkeit. Es fällt ihr auch schwer, den Mauerfall am 9. November 1989 als Freudentag zu sehen. Dieses Zögern kommt durch häufiges Verhaspeln gut hörbar zum Ausdruck.

Es schwingt immer wieder Larmoyanz und Selbstgerechtigkeit mit, so wie jüngst, als Wolf es in einem Interview ablehnte, die DDR als Unrechtsstaat oder Diktatur zu bezeichnen. Andererseits geht sie dann in ihrem Buch doch scharf mit der DDR-Führung und mit sich selbst ins Gericht. Sie lässt teilhaben an dieser Ambivalenz und Annäherung - an sich selbst, die Stadt L.A. und dieses "neue" Deutschland. Sie verknüpft literarisch geschickt die verschiedenen Ebenen. Es ist auf jeden Fall Wolfs ehrlichstes Buch. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe 6./7.11.2010)