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Ungarische Eisenbahner strampeln bald gegen die Bahn.

Foto: APA/Jäger

So geschmiert, wie bisher vermutet, ist das ÖBB-Geschäft in Ungarn rund um den Kauf der MávCargo offensichtlich doch nicht gelaufen. Die überwiesenen Millionen liegen immer noch auf den Empfängerkonten.

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Wien - Die Schmiergeldaffäre rund um den Kauf der ungarischen Güterbahn MávCargo durch die ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA) wird mit dem Fortgang der Ermittlungen zunehmend mysteriös. Der Nachweis, dass ÖBB- oder RCA-Manager unter Einschaltung der ungarischen Agentur Geuronet KG (ungarische) Amtsträger bestochen haben oder Korruption stattgefunden hat, dürfte nämlich schwieriger zu erbringen sein, als es bisher den Anschein hatte.

Laut Standard-Recherchen wurde das mit Geuronet vereinbarte Honorar - 7, 1 Millionen Euro für Beratungsleistungen, Erarbeitung von mittel- und langfristigen Strategien, Medien- und Kommunikationsunterstützung im Zeitraum Juni 2007 bis Februar 2009 -, mit dem Entscheidungsträger beim Verkäufer MávCargo sowie Amtsträger im Ungarischen Ministerium für Wirtschaft und Verkehrswesen zugunsten des Käufers RCA angeblich beeinflusst werden sollten, wohl an Geuronet überwiesen. Es sei von den Geuronet zuordenbaren Konten der ungarischen Erste Bank allerdings nie abgehoben worden.

Schon der Versuch ist strafbar

Laut Durchsuchungsanordnung der Korruptionsstaatsanwalt Wien, die auf Amtshilfeersuchen des Ungarischen Nationalen Ermittlungsbüros hin tätig wurde, wurden zwischen 6. September 2007 und 3. Jänner 2008 in fünf Tranchen insgesamt 11,4 Millionen Forint (damals umgerechnet 45.250 Euro) auf ein ungarisches Erste-Bank-Konto von Geuronet überwiesen. Eine weitere Überweisung in Höhe von 5,9 Millionen Euro erfolgte nach dem Closing am 2. März 2009 - allerdings auf ein anderes ungarisches Erste-Bank-Konto, nämlich eines "mit ausschließlicher Verfügungsberechtigung von András Gulya, Kommanditist der Firma Geuronet KG". Zumindest mit diesem Geld dürfte nicht oder noch nicht bestochen worden sein, sonst wäre es auf den angeführten Konten nicht mehr verfügbar.

Inwieweit dieser Umstand den Hauptverdächtigen, Ex-RCA- und ÖBB-Holding-Vorstandsdirektor Gustav Poschalko und RCA-Prokurist Gerhard Leitner, zur Entlastung gereicht, bleibt abzuwarten. Strafbar ist schließlich bereits der Versuch der Bestechung. Bei der Durchsuchung von Leitners Büro in der RCA wurde laut Ermittlern jede Menge Material sichergestellt, das weitere ehemalige und amtierende RCA-Manager belaste. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Große Nervosität

Die Nervosität im "Erdbeerland", wie die auf der Erdberger Lände domizilierte, frühere Cash-cow ÖBB-Güterverkehr bahnintern genannt wird, ist jedenfalls groß. Dafür sorgt auch die in Rail Cargo Hungaria (RCH) umbenannte MávCargo. Sie ist, wenngleich nicht der größte, so doch ein wichtiger Verlustbringer (heuer: minus 26,5 Mio. Euro Betriebsergebnis), der unter Personalüberhang leidet und in der Wirtschaftskrise strauchelte. Zusammen mit dem Österreich-Geschäft (heuer minus 98,4 Mio. Euro erwartet) sind die beiden hauptverantwortlich für einen RCA-Verlust, der mit 125 bis 150 Mio. Euro befürchtet wird.

Nun wehren sich ungarische Gewerkschafter gegen anstehenden Personalabbau. Laut Nachrichtenagentur MTI hat RCA-Chef Friedrich Macher für 2011 mehr als 1000 Kündigungen in Aussicht gestellt. Die Gewerkschaft VDSZSZ wertet dies als Beweis dafür, dass die ungarische Tochter kein Mitspracherecht habe.

All das könnte bald Thema eines parlamentarischen U-Ausschusses sein, so FPÖ, Grüne und BZÖ bei den Regierungsparteien Verbündete finden. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6./7.11.2010)