In den vergangenen Wochen hat unsere Regierung viele Vorwürfe einstecken müssen, die vor allem darauf zielten, dass die politische Führung des Landes trotz vollmundiger Ankündigungen weder in der Schul-, noch in der Spitals- oder der Verwaltungsreform irgendetwas weiter gebracht habe; dass statt einer adäquaten Finanzierung von Lehre und Forschung das Geld in überflüssige Tunnelprojekte gesteckt würde, usw. usf. Als Erklärung, manchmal auch als Entschuldigung, wurde/wird dabei gerne die Machtlosigkeit der Bundespolitik gegenüber den Landeshauptleuten angeführt, die bekanntlich gleichzeitig Obmänner/-frauen der Landesparteien sind, und wenn diese nicht wollten, bzw. wenn sie wollten, zum Beispiel einen Tunnel, dann ...

Ja, dann kann es im Fall des Falles auch schon einmal vorkommen, dass einer der Landesparteiobmänner, so erzählt man, seinen Neffen, Pardon, den Obmann einer Bundespartei bei der Weiterleitung der Mitgliedsbeiträge halt ein bisserl zappeln lässt, damit der wieder weiß, wo der Bartl den Most holt.

Natürlich versucht man jetzt, die Nicht-Entscheidungen andersrum zu rechtfertigen: Der Kanzler z.B. soll in einer Rede darauf hingewiesen haben, dass die Einsparung von drei Milliarden Euro durch eine Verwaltungsreform 6000 Arbeitslose mehr bedeuten würde. Wobei bemerkenswert erscheint, dass gerade diese Stelle seiner Rede angeblich mit großem Applaus bedacht wurde, bringt er doch damit zum Ausdruck, dass a) die Tätigkeit dieser 6000 Menschen als überflüssig angesehen und b) ihnen die Qualifikation abgesprochen wird, woanders einen Job zu finden.

Erstaunlicherweise werden aus derlei Klagen jedoch keine Konsequenzen gezogen, man belässt es bei den Feststellungen. Das Ignorieren von Machtrealitäten hat sich allerdings langfristig noch nie als sinnvoll erwiesen. Wenn also die Landesfürst... Pardon, Landeshauptleute schon die wahren politischen Machthaber in Österreich sind, dann sollte das auch in der Verfassung zum Ausdruck kommen.

Daher: Schaffen wird die ohnedies machtlose Bundesregierung ab und setzen wir statt ihrer die Landeshauptleutekonferenz als oberstes Exekutivorgan (nach dem Bundespräsidenten) ein.

Das schon bisher gültige Rotationsprinzip bei der Bestellung des Vorsitzenden könnte dabei - nach bewährtem Schweizer Muster - nahtlos übernommen werden. Ob jeweils ein oder mehrere Ministerien einem/r Landeshauptmann/frau zugeteilt werden, wie z.B. in Wien eine oder mehrere Magistratsabteilungen einer Stadträtin unterstehen, oder ob die Ministerien von jeweils einer Beamtin (bitte erforderlichenfalls hier die männliche Form einsetzen) geleitet werden, sollen die Landeshauptleute selbst entscheiden. Wobei ich nicht verhehlen will, dass mir die zweite Variante zweckmäßiger erscheint - man stelle sich vor, dass der Landeshauptmann jenes Bundeslandes, das riesige Haftungen für eine Bank eingegangen ist, das Finanzministerium leitet! -, da sich die Landeshauptleute aber nichts dreinreden lassen, sind solche Überlegungen in Anbetracht der Realität ohnehin müßig. Wie auch immer: Keine Verwaltungs- oder Schulreform, keine ausreichende Finanzierung von Lehre und Forschung, dafür aber große Spitalsbauten 12 km voneinander entfernt, oder zwei überflüssige Tunnel - das bringen die Landeshauptleute auch noch locker zustande!

Und noch etwas: In letzter Zeit wird immer öfter die Abschaffung des Bundesrates zur Diskussion gestellt. Im Lichte obiger Überlegungen kann man dazu aber nur feststellen: richtige Ambition, falsche Adresse. Zur Erläuterung: 150 von den 183 Abgeordneten zum Nationalrat werden von den Bundesländern entsendet und sind daher von den jeweiligen Landesparteien und deren Obleuten abhängig. Ergibt somit eine Abhängigkeitsquote von 82 Prozent - im Bundesrat sind es dagegen satte 100 Prozent! Im Hinblick auf Österreichs Realverfassung ist ergo nicht der Bundesrat, sondern der Nationalrat abzuschaffen. Damit haben die Landeshauptleute gleich direkten Zugriff auf "ihre" Abgeordneten und können sich Treffen wie die im "Abgeordnetenklub Oberösterreich" sparen.

Darüber hinaus kommt der Bundesrat als alleiniges gesetzgebendes Organ, mit (derzeit) nur 62 Mitgliedern, uns Steuerzahlern wesentlich billiger als der Nationalrat. Auch die Kosten für den NR-Wahlkampf und zusätzliche (Teil-)Refundierungen für die Parteien entfallen, weil es dann Wahlen nur mehr in den Bundesländern gibt - lauter Vorteile.

Fazit: eine zukunftsweisende Anpassung an die realen Machtverhältnisse. Frage: Wann starten wir unser Volksbegehren?!

P.S.: Vielleicht ist diese Regierung aber schlauer als wir denken und hat dieses Konzept bereits als langfristige Strategie zur Selbstabschaffung übernommen: Bei diesem Budget ein Drittel, beim nächsten die Hälfte und dann - schwuppdiwupp - alles! (Robert Trappl, DER STANDARD, Printausgabe, 6./7.11.2010)