Nicht jeder autistische Mensch hat einen Dustin Hoffman, der ihn (im Film Rain Man) oscarreif darstellt. Oft wirkt ein Autist unattraktiv und/oder unheimlich. Die ersten Meldungen, dass in einem Wiener Gemeindebau eine sechsköpfige Familie wegen ihres autistischen Sohnes delogiert werden soll, berichten von Nachbarn, die sich bedroht fühlen. Dann im TV-Auftritt eines echten, älteren Wieners, der etwas von "Der haut halt so umanaunder ..." murmelt. Als die Mutter des Halbwüchsigen ins Bild kommt, tritt der Herr-Karl-Effekt ("Da hob i ollas g'wusst") ein. Die Frau trägt Kopftuch, die Familie hat einen türkischen "Migrationshintergrund".

Der Autismus wird schon auch eine Rolle spielen, aber Autismus und "Ausländer", das war offensichtlich zu viel für den Gemeindebau. Wohnbaustadtrat Michael Ludwig begründete die Delogierung mit Unverträglichkeit und Uneinsichtigkeit der Familie. Normalerweise muss schon ziemlich viel passieren, bis jemand delogiert wird. Aber wir hatten Wahlen, bei denen Strache auch im Gemeindebau kräftig abgeräumt hat, und da scheint die "Hausordnung" auch im Falle einer schweren Krankheit - und das ist der Autismus - etwas schärfer angewendet zu werden. Zwischen dem berechtigten Verlangen, dass "Ausländer" die Hausordnung einhalten sollen, und dem Hinauswurf eines Schwerkranken und seiner Familie müsste noch eine Lösung denkbar sein. (RAU, DER STANDARD-Printausgabe, 6./7.11.2010)