Andy Howard im Trikot der Milwaukee School of Engineering, dem zweiten Collegeteam seiner Karriere.

Foto: Andrew Howard

derStandard.at: Sie wurden schon mit einer Gehörschädigung geboren, hatten in jungen Jahren Probleme beim Erwerb der Sprachfähigkeit. Wie hat sich das auf die Anfänge Ihrer Hockeykarriere in Ihrer Kindheit ausgewirkt?

Howard: Ich stamme aus einer sehr hockeyaffinen Familie, meine Mutter ist Kanadierin, ihr Cousin gewann mit den Montréal Canadiens den Stanley Cup, mein eigener Cousin spielte in der OHL, mein Bruder war in jungen Jahren als Goalie aktiv. Eishockey liegt also in unserer Familie, ich hatte von Anfang an einen Bezug zu diesem Sport. Das Eislaufen hat mir mein Vater beigebracht, er war sehr geduldig. Etwas schwieriger war es, als ich begonnen habe, in Teams zu spielen, da ich nicht immer alles hören konnte, was uns die Coaches mitteilten. Die gute Seite: Ich habe früh gelernt, mich auf das, was ich verstehen konnte, zu konzentrieren und fokussieren.

derStandard.at: Der heutige Grad Ihrer Hörschwäche resultiert jedoch aus einem Foul am Eis...

Howard: Ja, es war ein Ellbogencheck von außerhalb meines Blickfeldes, der mir die meisten Gesichtsknochen zertrümmerte. Meine angeborene Hörschwäche habe ich in den ersten 24 Jahren meines Lebens recht gut in den Griff bekommen, ich konnte damit umgehen. Aber nach dem Check bzw. den Operationen wurde es erheblich schlimmer. Seither bin ich vom Schalldruckpegel her im Bereich unter 75 bis 80 Dezibel taub.

derStandard.at: Sie mussten in der Folge länger als ein Jahr pausieren, ehe Sie aufs Eis zurückkehrten. Wie groß war die Umstellung nach dieser langen Auszeit und der Verschlechterung Ihres Zustands?

Howard: Es klingt vielleicht lustig, aber durch den Umgang mit meiner angeborenen Hörschwäche, hatte ich schon eine Art von Erfahrung mit solchen Situationen. Dennoch war es eine sehr große Herausforderung für mich. Zentral war, dass ich mich auf die Anwendung meiner anderen Wahrnehmungsorgane konzentrieren musste. Vor allem mein optischer Sinn war gefordert, ich kann ja weder Mit- noch Gegenspieler hören. Aber auch das hat eine gute Seite, denn ich denke, dass sich meine Spielauffassungsgabe in diesen fünf Jahren enorm verbessert hat.

derStandard.at: Wie kann man sich Ihre Rolle als Gehörloser in einer Mannschaft von Hörenden vorstellen?

Howard: Hockey ist als Mannschaftssport natürlich ein Bereich, in dem Kommunikation sehr wichtig ist. Ich konzentriere mich mehr auf jene Details, die ich wahrnehme. Außerdem bin ich sowohl im Spiel als auch im Training sehr gesprächig gegenüber Trainern und Mitspielern. Ich stelle viele Fragen, um auch wirklich mitzubekommen, was gerade los ist. Meist wiederholt man das dann mit einer kurzen Geste für mich.

derStandard.at: Mit dem EHC Montafon spielen Sie nun erstmals in einem Team, in dem nicht Englisch gesprochen wird, wie problematisch ist das?

Howard: Ich wurde beim Klub sehr gut aufgenommen, wenn ich mich den Teamkollegen beisammen bin, vergessen viele oft ganz auf meine Beeinträchtigung, weil wir die Sache mit der Kommunikation schon recht gut hinbekommen. Wie am Eis nehme ich natürlich auch im sozialen Leben Dinge etwas anders wahr, beispielsweise kann ich ziemlich gut von Lippen ablesen. Mit einigen deutschen Worten habe ich aber noch meine kleinen Probleme, manchmal auch mit dem Akzent, mit dem hier Englisch gesprochen wird.

derStandard.at: Im Großen und Ganzen klingt das aber nach einer recht schnellen und unkomplizierten Integration.

Howard: Ja, die Gegend hier ist toll. Eher gemütlich, eher klein, eher ruhig - ich mag es sehr. Wenn ich allerdings ganz ehrlich bin, habe ich mir das Eishockey doch höherklassiger vorgestellt. Bei allem Respekt vor den Spielern und der Liga, aber Spiel- und Trainingsplan sind schon sehr locker. 

derStandard.at: Bald sind sie ja wieder auf internationalem Level aktiv, im Feber steigen die Olympischen Spiele für Gehörlose in der Slowakei.

Howard: Ja, ich freue mich schon sehr, vor wenigen Tagen wurde mir mitgeteilt, dass ich auch diesmal für das Team USA nominiert bin. Wir haben unsere Goldmedaille von 2007 zu verteidigen und ich bin diesbezüglich sehr optimistisch, auch wenn Kanada, Russland und Finnland sehr starke Mannschaften haben. Das Hockey bei den Deaflympics ist von sehr großer Qualität, ich denke, dass viele Eishockeyfans überrascht wären, wie gut dort gespielt wird.

derStandard.at: Sie sind jetzt 29, haben ein abgeschlossenes BWL-Studium. Wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus?

Howard: Zunächst möchte ich noch einige Jahre aktiv Eishockey spielen, wenn möglich auch ein, zwei Leistungsebenen höher als aktuell. Auch danach will ich dem Sport verbunden bleiben und plane die Eröffnung eines Trainingszentrums, in dem junge Spieler am Eis und abseits davon ausgebildet und auf ihren Weg ins Collegehockey vorbereitet werden. Ich habe in den letzten Jahren bereits mehrfach in Sommerakademien als Coach gearbeitet, habe auch Trainerausbildungen absolviert und denke, dass in diesem Bereich meine Zukunft liegt. (Hannes Biedermann; derStandard.at, 7. November 2010)