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Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble schlägt ein zweistufiges Rettungsverfahren für insolvente Staaten vor.

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Deutschland macht Druck bei der Errichtung eines dauerhaften Rettungsmechanismus für EU-Staaten.

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Berlin/Brüssel - Wer bereits Anleihen von angeschlagenen Staaten wie Griechenland, Irland oder Portugal besitzt, darf aufatmen. Sollte eines dieser Länder irgendwann pleitegehen, müssen private Investoren nicht mit Verlusten rechnen. Das sehen zumindest die Detailpläne des deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble für einen permanenten EU-Rettungmechanismus vor.

Bis 2013 gibt es ohnehin bereits einen 750 Milliarden Euro schweren Schutzschirm von EU und Internationalem Währungsfonds. Für die Zeit danach soll bei einem EU-Gipfel im Dezember eine neue Insolvenzordnung beschlossen werden. Deutschland gilt neben Frankreich als treibende Kraft bei dem Thema. Die Schäuble-Pläne haben also durchaus Gewicht.

Konkret schlägt der deutsche Finanzminister bei künftigen Krisen ein zweistufiges Rettungsverfahren vor. "Gerät ein Land in Zahlungsschwierigkeiten, setzt die Europäische Union ein Spar- und Sanierungsprogramm in Gang wie im Falle Griechenlands", sagte Schäuble im Nachrichtenmagazin Spiegel. "In einem ersten Schritt könnten dann die Laufzeiten für diejenigen Anleihen verlängert werden, die in dieser kritischen Phase fällig werden." Helfe dies nicht, "müssten die Privatgläubiger in einem zweiten Schritt einen Abschlag auf ihre Forderungen hinnehmen", so Schäuble. Im Gegenzug bekämen sie aber auch Garantien für den Rest ihrer Forderungen.

Damit würden zwar erstmal private Anleger zur Kasse gebeten, der neue Mechanismus soll aber nicht für Altschulden, sondern nur für neue Kredite gelten, wie Schäuble betont. Wer sich also bis 2013 mit Papieren von maroden Ländern eindeckt, hätte de facto kein Ausfallsrisiko. Die Rendite sind dabei durchaus beachtlich: Zehnjährige irische Anleihen werfen derzeit fast acht Prozent Ertrag ab, bei portugiesischen Papieren sind es 6,5 Prozent.

Die privaten Gläubiger nur bei neuen Krediten in die Pflicht zu nehmen, dürfte auf Einwände der Europäischen Zentralbank zurückgehen. EZB-Chef Jean-Claude Trichet führt die zuletzt wieder deutlich gestiegenen Risikoaufschläge bei den erwähnten Ländern unter anderem auf die zunächst unklaren EU-Pläne zurück. Er forderte eine Klarstellung, dass es für Besitzer von bereits ausgegebenen Anleihen in einem Krisenfall keine Abschläge geben würde. Alle neuen Anleihen von EU-Staaten sollen, so Schäuble, künftig Klauseln enthalten, "in denen genau festgelegt ist, was im Krisenfall mit den Forderungen der Gläubiger passiert".

Juncker für Euroanleihen

Für einen anderen Weg plädiert der Chef der Eurogruppe, Jean-Claude Juncker. Er schlug in der Süddeutschen Zeitung, wie zuvor schon EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, gemeinsame Euro-anleihen vor. Bis zu einem Schuldenstand von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - so viel ist laut Maastricht erlaubt - sollten die Euroländer solidarisch haften, so Juncker. Für alle darüber liegenden Schulden müssten die Länder national haften. (go, Reuters, DER STANDARD, Printausgabe, 8.11.2010)