Bild nicht mehr verfügbar.

Kosovo in der Sackgasse: Die Rückführungsprogramme für die ausgewanderte Elite in ein Land, in dem man nur einen Bruchteil des österreichischen Mindeslohns verdient, sind wenig bis gar nicht erfolgreich.  (Foto: Ein Mann bei Dremjak westlich von Prishtina).

Foto: REUTERS/Hazir Reka

Blerim Rexha kehrte nach elf erfolgreichen Jahren in Österreich, in denen er für Siemens gearbeitet hatte, in sein Heimatland Kosovo zurück. Nachdem er für ein NGO-Projekt als Gastlektor an der Universität in Prishtina tätig war, hatte er das Bedürfnis wieder ganz an die Stätte seiner Geburt zurückzukehren, und wurde 2007 schließlich stellvertretender Energieminister. "Es war mein Wunsch bei der Entwicklung meines Landes mitzuwirken", so Rexha. Seine Geschichte ist die eines jungen Mannes, der auszog, um Erfahrungen zu sammeln, die er nützte, um sein verarmtes Land nach vorne zu bringen. Doch handelt es sich hierbei um die Ausnahme der Regel. Nur sehr wenige Kosovaren, die ins Ausland gehen, sind daran interessiert, in ein Umfeld mit wenigen Jobs, niedrigen Gehältern und einem hohen Maß an Korruption heimzukehren.

"Brain Gain" verläuft mehr als stockend

Ein durchaus ambitioniertes Programm der Regierung, mit welchem Leute aus der Diaspora zurück gelockt werden sollten, hat sich auf Grund des chronischen Geldmangels kaum bis gar nicht ausgewirkt. 2007 war man noch voller Hoffnung: Damals hatte Premierminister Hashim Thaci und seine Demokraten die Macht erobert und einen Plan verkündet, der die ausgewanderte intellektuelle Elite wieder nach Hause bringen sollte.

Genaue Zahlen, wieviele Kosovaren im Ausland arbeiten, existieren nicht. Die Regierung spricht von rund 450.000, viele davon leben in Deutschland, der Schweiz und in Österreich. Thaci hatte damals angekündigt, den "Brain Drain" in einen "Brain Gain" zu verwandeln. 2008 übernahm das Bildungsministerium dieses Programm, mit welchem gut Ausgebildete Anreize bekommen sollten, bei der Entwicklung des Staates mitzuwirken.

Von 2008 bis 2011 flossen 1,3 Millionen Euro in das Projekt. Die Idee war, die Gehälter der Rückkehrer um bis zu 11.000 Euro pro Jahr aufzustocken, Netzwerke zwischen Firmen im In- und Ausland herzustellen und Gastlektoren an die Universitäten in den Kosovo einzuladen.

Zwei Jahre später räumt der Verantwortliche für internationale Beziehungen im Bildungsministerium, Kushtrim Bajrami, ein, dass von dem zehn-seitigen Projekt nicht mehr als das Papier übrig blieb. Zu wenig finanzielle Unterstützung durch den Staat und eine mangelhafte Zusammenarbeit der Ministerien im Kosovo seien die Hauptgründe für den Misserfolg.

Dennoch sei das Programm weiterhin in Takt und man kann sich weiterhin dafür bewerben. "Ich bekomme 400 Euro pro Monat zusätzlich zu meinem Gehalt, und verdiene somit ganz gut", so Bajrami.

Das Problem: Nur Beamte können um diesen Bonus ansuchen, der noch dazu von bestimmten akademischen Mindestabschlüssen abhängig ist. Bajrami gibt jedoch zu, dass man auch mit der Zusatzbezahlung mit Gehältern westlichen Standards nicht konkurrieren könne. Das Durchschnittsgehalt im Kosovo beträgt schließlich nur 250 Euro monatlich.

Bildungspendler

Wer sein Land unterstützen will, aber nicht auf ein höheres Gehalt verzichten will, der pendelt. Yll Haxhimusa, Astrit Ademaj and Idriz Smajli gehören dazu. Die drei Kosovaren, die sich in Österreich eine erfolgreiche Karriere aufgebaut haben, lehren regelmäßig an der technischen Fakultät der Universität in Prishtina, das unter dem Namen "Brain Gain Programme" von den World University Services Austria (WUS) angeboten wird.

In Österreich lehrt Yll Haxhimusa an der Technischen Universität, genauer gesagt im Institut für Computergraphik und Algorithmen, Ademaj arbeitet für die Computerfirma TTTech und Smaili für den deutschen Technologie-Riesen Bosch. Das "Brain Gain"-Projekt läuft seit 2002, bisher kamen 50 Lektoren mit kosovarischen Wurzeln zumindest vorübergehend zurück in ihr Heimatland.

"Das Ziel war nicht, die Leute zu zwingen, wieder im Kosovo zu bleiben, sondern die dortige Ausbildung zu verbessern", erklärt Projektleiter Alfred Marleku. "Sie wissen alle, welche Lebensqalität sie im Kosovo erwartet. Es liegt an ihnen zu entscheiden, ob sie zurückkehren oder nicht."

Spricht man mit den drei Kosovaren, wird schnell klar, dass sie es zwar genießen, vorübergehend in ihr Ursprungsland zu kommen, aber dass eine dauerhafte Rückkehr für sie nicht in Frage kommt. Ademaj bringt es auf den Punkt: "Wir haben unsere Familien und Jobs hier in Österreich und fühlen uns nun hier verwurzelt."

(Petrit Collaku, derStandard.at, 8.11.2010 – Englische Originalversion auf balkaninsight.com)