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Neben Sarah Wiener, die im Auftrag von Arte kulinarische Abenteuer erleben durfte, kocht sich nur Cornelia Poletto in ihrer Kochschule durchs deutsche Fernsehen. Sonst sind die TV-Küchen in Männerhand, wie z.B. in der vielfach ausgezeichneten Johann Lafers.

Foto: APA/dpa/Ulrich Perrey

Als Jamie Oliver vor gut zehn Jahren einen üppigen Bund frischen Koriander ins Curry hackte, war das ein telegener Appetitanreger sondergleichen, der einer in der Küche ungeübten jüngeren Generation über die Lust am Essen hinaus Lust zu kochen machte. So manche/r erfuhr beim Nachmachen, dass Koriander in Massen nur im Fernsehen gut kommt, aber auch, dass selber kochen im Bereich des Möglichen liegt. Immerhin.

Seit dem Erfolg des britischen Star-Kochs sind im deutschsprachigen Raum Kochsendungen wie Schwammerl aus der TV-Landschaft geschossen. Passé die Zeiten, in welchen sich Fernsehprofis mit Kochambitionen (wie Alfred Biolek) mit ihren GästInnen am Herd abplauderten: Die Verantwortlichen setzen gleich auf das Entertainerpotenzial einiger hoch dekorierter Köche und machen aus Küchen- Fernsehstars, wenn auch nicht vom Kaliber eines Olivers. Neben VOX, das schon vor dem Boom das "Kochduell" (1997-2005) und später mit "Schmeckt nicht, gibt's nicht" (2003-2007) Tim Mälzer als einen schnoddrigen Plapper-Star am Herd brachte, tut sich das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen im Regionalprogramm wie im ZDF als Homebase für vielgesehene Kochshows hervor: "Lafer! Lichter! Lecker!", "Wünsch Dir Sass", "Koch doch" und wieder "Johann Lafer", "Schuhbecks" - um nur wenige zu nennen.

Und weil es mittlerweile so viele Kochsendungen gibt, verlassen sich einige MacherInnen nicht aufs bloße Rezepte vorstellen, erklären und anschaulich kochen. Das Fernsehen als Sozialeinrichtung hilft RestaurantbetreiberInnen, die sich selbst nicht helfen und meist auch nicht kochen können: "Rach, der Restauranttester" (RTL) gibt den Lehrmeister auf RTL, und RTL2 sowie VOX schicken ganze Teams von Meisterköchen in die Betriebe.

Die nachmittägliche ZDF-"Küchenschlacht" hingegen greift in ausgeweiteter Form auf das "Duell"-Konzept zurück und holt willige ZuschauerInnen aus ihrer RezipientInnenrolle an den TV-Herd, wo wettgestritten wird fast wie bei besternten oder behaubten Küchenstars. Wer sich zum Sieg kocht, darf zu "Lanz" (ehemals "Kerner") und die Luft der "neuen Götter in Weiß" live schnuppern. Das neueste Format des Senders, "Topfgeldjäger", wärmt unter der Patronanz zweier Star-Köche, Steffen Henssler und Frank Rosin, den "Geschlechterkampf" als ultimativen Wettbewerb am Herd auf: Wer kann besser kochen, Frauen oder Männer? 

Die Frage scheint bereits beantwortet, sieht man sich die Verteilung in Top- wie TV-Küchen an: Frauen sind Randfiguren. Die Erwerbs-Küche ist männlich, der Wettbewerb, der Leistungsgedanke, der Kochverstand, der feine Geschmacksinn. Frauen sind zuständig für den täglichen Hunger daheim, Männer fürs Besondere. Dass die Mehrheit der Spitzen-Köche diese Haltung verinnerlicht hat, klingt in den meisten Kochsendungen nicht nur subtil an: Wenn ein Henssler jovial anmutend Witze über Frauen reisst oder ein Lichter selbige als Pralinen auf zwei Beinen bezeichnet, verweisen sie die in ihrer engsten Arbeitswelt meist Abwesenden klar auf ihre Plätze und in ihre Rollen. Meisterköche sind Meisterchauvis, und die lassen sich von Köchinnen nicht ihren Brei verderben. (Birgit Tombor/dieStandard.at, 9.11.2010)