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Die jüdische Siedlung Ariel liegt tief im Westjordanland. Am Montag wurde dort ein großes neues Kulturzentrum eröffnet, zu dessen Boykott manche israelische Künstler aufrufen.

Foto: AP/Schalit

Sollen die jüdischen Siedler im Westjordanland isoliert werden, oder haben sie, solange es keine ausgehandelte politische Lösung gibt, den gleichen Anspruch auf Dienstleistungen wie alle israelischen Bürger? Ein neues Kulturzentrum, das Montagabend in Ariel, der großen jüdischen Siedlung im Westjordanland, eröffnet werden sollte, ist zum Brennpunkt dieser innerisraelischen Debatte geworden.

Prominente israelische Kunstschaffende, darunter etwa die international bekannten Autoren David Grossman und Jehoschua Sobol, haben ihre Kollegen in einem offenen Brief aufgerufen, nicht in der "illegalen Siedlung" Ariel aufzutreten. Jede Form von Kulturboykott sei unsinnig, hielten viele Schauspieler und Theaterdirektoren dagegen. Kulturministerin Limor Livnat hatte sich demonstrativ zur Eröffnung am Montag angesagt.

Der rund 500 Zuschauer fassende Saal sollte mit dem Musical "Piaf" eingeweiht werden, aufgeführt durch das Theater von Beer-Scheva. "Wir treten am Montag in Ariel auf, keiner unserer Schauspieler hat abgesagt", versicherte Direktor Schmulik Jifrach.

In dem Brief hatte es geheißen, dass Siedlungen wie Ariel "das internationale Recht und die Genfer Konvention verletzen" und den Menschen "die Möglichkeit nehmen, in dieser Region in Frieden zu leben". Jeder der Schauspieler müsse seine Entscheidung selbst treffen, erläuterte Sobol, der Brief sollte sie aber darüber aufklären, dass das Westjordanland rechtlich als Ausland gelte: "Ihr müsst dort nicht auftreten, denn diese Gebiete gehören nicht zum Staat Israel."

Die Schauspieler seien ganz im Gegenteil vertraglich zum Auftritt verpflichtet, meinte Noam Semel, Direktor des renommierten Tel Aviver Cameri-Theaters, das ebenfalls Gastspiele in Ariel geben wird. "Ihre politische Meinung können sie mit dem Stimmzettel ausdrücken", so Semel.

Oder durch die künstlerische Botschaft auf der Bühne, denn auch für Ariel seien durchaus kontroversielle Stücke mit politischen Aussagen vorgesehen: "Theater ist wie Brot und Butter, es ist subventioniert und muss jedem israelischen Bürger zur Verfügung stehen, und wenn Israel in Ariel ein Kulturzentrum gebaut hat und die Bürger dort Theater sehen wollen, dann steht ihnen das zu", sagt Theaterdirektor Semel. Israelische Politiker hatten damit gedroht, Theatern, die Siedlungen boykottieren, die Subventionen zu kürzen.

Die jüdische Siedlung Ariel liegt tief im Westjordanland. Am Montag wurde dort ein großes neues Kulturzentrum eröffnet, zu dessen Boykott manche israelische Künstler aufrufen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2010)