Wien - Dass sich Geheimdienstmitarbeiter öffentlich gerne kryptisch äußern, liegt in der Natur der Sache. Dass aber völlig unklar ist, was sie meinen, eher ungewöhnlich. Aussagen von Peter Griedling, Chef des Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), bei einer Pressekonferenz am Montag könnten nämlich sowohl das Eingeständnis eines eigenen Fehlers sein - oder eine Medienschelte.
Konkret geht es um den zeitlichen Ablauf von Hausdurchsuchungen in der rechten Szene, die vor über einer Woche stattgefunden haben. Nach Informationen aus dem Innenressort soll jene bei einer Szenegröße in Wien am Freitag über die Bühne gegangen sein, 18 weitere einen Tag später.
Auf die Frage nach dem Warum antwortete Griedling: "Es handelte sich um mehrere unabhängige Ermittlungen, bei denen es leider Überschneidungen gab." Es sei daher zu einem Missverständnis gekommen. Nachfragen, ob damit gemeint ist, dass es innerhalb der Polizei Koordinierungsschwierigkeiten gab und eine Stelle nichts von der Arbeit der anderen wusste, bezeichnete er aber als "Missinterpretation".
Gerüchte aus der linken Szene, wonach die rechte Szenegröße erst mehrere Tage später Besuch von den Staatsschützern bekommen hätte, bezeichnete Griedling allerdings als "schlicht falsch".
Insgesamt waren die Informationen bei der kurzfristig anberaumten Veranstaltung mehr als spärlich gesät. Das Hauptaugenmerk lag darauf, das BVT von dem Verdacht reinzuwaschen, es könnte unterwandert worden sein. Denn der Vater eines Studenten, der sich laut Griedling "im Dunstkreis der Szene" bewegt, war bis August Mitarbeiter des Amtes. Es stehe aber fest, dass dieser keine Informationen weitergegeben oder Ermittlungen behindert habe, wurde versichert.
Keine Antwort gab es auch auf die Frage, ob es Verbindungen zur FPÖ gebe. Deren Politiker, wie der steirische FP-Chef Gerhard Kurzmann, werden auf der Webpage der alpen-donau.info gerne gelobt. Sich hartnäckig haltende Hinweise, dass sich Verdächtige aus der Militärakademie und dem Militärgymnasium Wiener Neustadt kennen, dementierte man.
Klage über Serverstandort
Thomas Vecsey, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, verwies bei der Frage, warum die neonazistische Webseite, gegen die sich die Aktion eigentlich gerichtet hatte, noch immer online ist, nur darauf, dass sich der Server im Ausland befinde. Unkommentiert blieb, ob das nicht auch bedeutet, dass die Betreiber von den Razzien nicht betroffen waren.
Seltsam muten aber, wie berichtet, die Zeitabfolgen auf der frei zugänglichen Seite an. Erst fünf Tage nach der Razzia findet sich dort der erste Hinweis. Auch zahlreiche andere Beiträge - etwa eingescannte Gedichte von Wolf Martin, dem Reimer der Kronen Zeitung, erscheinen erst mit teils mehrwöchiger Verspätung. Nicht ausgeschlossen scheint daher, das Beiträge bereits vorher verfasst werden und automatisiert zu einem festgelegten Datum veröffentlicht werden.
Auch in einem anderen Fall scheinen die Verfassungsschützer auf der Stelle zu treten: Obwohl nach dem mutmaßlich rechtsextrem motivierten Rohrbombenanschlag auf ein Grazer Flüchtlingsheim ein Fahndungsfoto veröffentlicht wurde, gibt es seit September wenig Fortschritte. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2010)