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Zu laut über die Emfpänger geschnattert? Der EuGH findet schon.

Foto: APA/Grubitz

Luxemburg/Wien - Die personenbezogene Veröffentlichung der Empfänger von EU-Agrarbeihilfen ist unzulässig. Dies sei eine "unverhältnismäßige Maßnahme", so der Europäische Gerichtshof (EuGH). Bei der Nennung aller privaten Personennamen sei der Datenschutz nicht ausreichend berücksichtigt worden, entschied der EuGH in Luxemburg am Dienstag. Das Gericht erkannte damit den Datenschutz als Grundrecht der EU an. Die Veröffentlichung der Beihilfen für landwirtschaftliche Unternehmen bzw. juristische Personen beanstandete der EuGH nicht. Der Gerichtshof erklärte bestimmte Vorschriften der Verordnung Nr. 1290/2005 und die Verordnung Nr. 259/2008 als Ganzes für ungültig.

Wenig überrascht fiel eine erste Reaktion von Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) auf den EuGH-Entscheid aus. "Das war auch zu erwarten", sagte er nach dem Ministerrat. Man werde das Urteil nun genau prüfen, kündigte er an. Am 16.11 liegt das Thema bei der EU-Kommission im Ausschuss für Agrarfonds am Tisch, heißt es aus dem Ministerbüro gegenüber derStandard.at.

Die umstrittene Veröffentlichung der Agrarsubventionen geht auf eine "Transparenzinitiative" der Europäischen Union aus dem Jahr 2005 zurück. Damit sollen die Ausgaben der EU leichter überprüfbar sein und die EU-Organe für ihre Arbeit zur Rechenschaft gezogen werden können. Mit einem Anteil von rund 40 Prozent sind die Agrarausgaben immer noch der größte Posten im Haushalt der EU. Die Verordnung sieht daher vor, die Empfänger von Agrarsubventionen sowie ländlicher Regionalbeihilfen mit Firma oder Namen, Ort und Postleitzahl ins Internet einzustellen.

Gezielte Suche

In Österreich macht dies das Agrarmarkt Austria auf der Internet-Seite www.transparenzdatenbank.at. Sie ermöglichte bislang eine gezielte Suche nach Namen, nach der Höhe der Beihilfen oder nach Förderungen in Bundesländer oder Bezirken. Jetzt wurde die Datenbank vorerst gesperrt.

Mehrere deutsche Gerichte haben eine Veröffentlichung für rechtmäßig gehalten. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden dagegen hatte Bedenken und legte zwei Klagen dem EuGH vor. Unter Hinweis auf die EU-Grundrechtscharta sowie die Europäische Menschenrechtskonvention betont der EuGH nun das Grundrecht auf "Achtung des Privatlebens". Dies schließe auch den Datenschutz mit ein. Eingriffe seien nur zulässig, wenn dies "absolut notwendig" sei, um anerkannte Ziele des Gemeinwohls zu verfolgen, und solange der Wesensgehalt der EU-Grundrechte unangetastet bleibt.

Allerdings hätten in einer demokratischen Gesellschaft auch die Steuerzahler Anspruch auf Informationen über die Verwendung ihrer Gelder, so der EuGH weiter. Daher müsse zwischen beiden Zielen abgewogen werden. Genau dies hätten Rat und Kommission der EU aber nicht getan, rügte der EuGH. So sei nicht erwogen worden, ob tatsächlich immer die Namen mit genannt werden müssen. Laut dem Luxemburger Urteil gewinnt das öffentliche Interesse gegenüber dem Datenschutz ein umso höheres Gewicht, je höher die Beihilfen sind und je häufiger sie ausgezahlt werden.

Die Agrar-Veröffentlichungen sind nach dem Luxemburger Urteil nur für die Zukunft, nicht aber rückwirkend angreifbar. (APA/red)