Wien - Bei den geplanten Einsparungen bei wissenschaftlichen Einrichtungen und Vereinen handelt es sich für Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) "nicht um eine reine Budgetmaßnahme". "Es ist auch eine Strukturbereinigung, wie sich auch vom Wissenschaftsrat, vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung sowie vom Rechnungshof eingefordert wird", so Karl.
Im Wissenschaftsministerium seien bei der Budgeterstellung Kernbereiche außer Frage gestellt worden, bei denen es zu keinen Kürzungen und zum Teil zu Budgetsteigerungen komme, betonte Karl. Dazu zählen etwa die Universitäten, Fachhochschulen, die Akademie der Wissenschaften, der Wissenschaftsfonds FWF, die Ludwig-Boltzmann-Gesellschaft, das Institute of Science and Technology Austria sowie die Studienförderung. "Dennoch muss auch das BMWF einen Konsolidierungsbeitrag leisten. Dazu sind leider auch schmerzhafte Einsparungen notwendig, die unter anderem die Basissubventionen für außeruniversitäre Einrichtungen und Vereine betreffen."
Laut Wissenschaftsministerium gebe es schon seit längerem "Strukturdiskussionen zur Änderung des bisherigen Fördersystems" in diesem Bereich, das schon unter Ministerin Hertha Firnberg (SPÖ, Amtszeit 1970-1983) eingeführt worden sei. Zur damaligen Zeit seien die Unis aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen nicht flexibel genug gewesen, auf neue Forschungsfelder entsprechend reagieren zu können. Mit dem neuen Universitätsgesetz hätten sie nun aber die notwendigen Instrumente in der Hand und könnten neue Forschungsfelder in ihre strategischen Überlegungen einfließen lassen. Es sei künftig denkbar, "dass die Exzellenz wieder verstärkt zurück an die Universitäten kommt oder in andere größere Forschungseinrichtungen integriert wird", betonte man seitens des Ministeriums.
Karl will in Gesprächen mit den betroffenen Einrichtungen "gemeinsam Lösungen finden": "Mögliche Wege sind Neustrukturierungen, die Anbindungen an bestehende Institutionen - vor allem Universitäten -, verstärkte Kooperationen und die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur." Dabei gehe es um eine stärkere Bündelung und damit auch Sichtbarkeit.
Forschungseinrichtungen fürchten um Existenz
Die Streichung der Basisfinanzierungen sowie Kürzungen bei Projektfinanzierungen lassen zahlreiche außeruniversitäre Forschungseinrichtungen um ihre Existenz fürchten. Der Budgetentwurf der Regierung "eliminiert die Finanzierung für die Grundlagen dieser Institute und auch für deren Projekte", betonte Peter A. Bruck, Leiter der Research Studios Austria Forschungsgesellschaft, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. "Etwas, das Jahre oder Jahrzehnte braucht, um aufgebaut zu werden, soll innerhalb weniger Wochen abgewickelt werden."
Die betroffenen rund 40 Institutionen wie etwa das Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM), das Internationale Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK), das Zentrum für soziale Innovation (ZSI), die Forschungs-und Beratungsstelle Arbeitswelt (Forba), das Österreichische Institut für Internationale Politik (OIIP) oder das Österreichische Forschungsinstitut für Artificial Intelligence (OFAI) haben sich daher zur "Plattform Wissen/Schafft/Österreich" zusammengeschlossen, um "die grundsätzlich falsche Einschätzung von Wissenschaft durch die Regierungsspitze zu korrigieren", so Bruck. "Wir wissen genau, was effizientes Forschungsmanagement, was Akquise von Forschungsmitteln ist." Änderungen seien dabei "durchaus planbar - was nicht geht, ist, diesen Sektor von einem Tag auf den anderen auszuradieren".
Ab 2012 keine Basissubventionen
Für 2011 werden die Basissubventionen der Einrichtungen um insgesamt vier Mio Euro gekürzt, ab 2012 komplett gestrichen, was jährliche Einsparungen von acht Mio. Euro bedeutet. Die einzelnen Institute sind dabei von der Höhe durchaus unterschiedlich betroffen. Das OFAI erhält etwa eine jährliche Basisfinanzierung von 55.000 Euro - insgesamt habe man aber 8,2 Mio. Euro an EU-Forschungsmitteln zurückgeholt, so Direktor Robert Trappl. "Wenn man 55.000 Euro streicht und so die Chance vergibt, 8,2 Mio. aus Brüssel zu holen, ist das wirtschaftspolitisch dumm."
Das ZSI erhält bei einem Gesamt-Umsatz von jährlich vier Mio. Euro 71.000 Euro an Basisförderung. Dies seien zwar nur zwei Prozent dessen, was über Projekte lukriert werde, aber immerhin die Hälfte der Miete, so Direktor Josef Hochgerner. Außerdem sei diese Summe nicht das einzige, was gestrichen worden sei. So habe man etwa das Auslandsbüro in Sofia schließen müssen, außerdem liefen auch Projekte aus und würden nicht verlängert. Das Forba erhält bei einem Institutsbudget von 1,2 Mio. Euro 20.000 Euro an Basisfinanzierung, eine Erhöhung sei aber bereits fix zugesagt gewesen, so Leiter Jörg Flecker.
Ein Problem für die Institute ist unter anderem, dass der Wissenschaftsfonds FWF mittlerweile keine Overheadkosten mehr bezahlt, gleichzeitig aber Räume, Computer etc. bezahlt werden müssen, so Trappl. Zur Grundfinanzierung zählt laut Bruck auch jener Teil der Mittel, der für Antragstellungen gebraucht werde oder Konferenzreisen, die keinem bestimmten Projekt zugeordnet sind. "Der Wissenschaftsbetrieb ist eine sensible Pflanze. Man kann nicht hergehen, drei Wurzeln ausreißen und sagen, mit den zwei anderen kannst weiterleben."
IFK besonders betroffen
Besonders betroffen ist das IFK, das sich rein über die 950.000 Euro an Basismitteln finanziert. Bisher habe der Staat gesagt, er leiste sich das, "um eine bestimmte Art intellektueller Arbeit auf dem Gebiet der Humanwissenschaften zu ermöglichen", so Vize-Direktor Lutz Musner. Das IFK betreibe Nachwuchsförderung für internationale Karrieren: "Jeder, der vom IFK weggeht, ist ein kleiner Botschafter für unser Land." Mit der nunmehrigen Maßnahme betreibe man eine "Selbstprovinzialisierung", die an den "Kahlschlag" der 1930er-Jahre erinnere.
Konkrete Folgen der Kürzungen wie die Streichung von Arbeitsplätzen oder Institutsschließungen wollte Bruck nicht nennen: "Den Voyeurismus des Leidens wollen wir nicht dulden. Wir werden nicht in das Loch hinunterschauen, in das man uns hineinstürzen will." (red/APA)
=> Die betroffenen Institute: Liste von Einrichtungen und Vereine mit Basissubvention
Die betroffenen Institute
Im Anschluss eine Liste jener Einrichtungen und Vereine, die derzeit eine Basissubvention des Wissenschaftsministeriums erhalten. Im kommenden Jahr wird diese halbiert, 2012 läuft sie aus. Die ebenfalls die Streichung der Subvention beklagende Research Studios Austria Forschungsgesellschaft findet sich nach Angaben des Wissenschaftsministeriums in einem anderen Budgetansatz.
- AIES (Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik)
- Anton Bruckner Institut Linz
- Archiv für die Geschichte der Soziologie in Österreich
- Bodensee-Akademie
- Bruno-Kreisky-Forum für Internationalen Dialog
- Büro für angewandte Sozialforschung und Entwicklung - BASE
- Demokratiezentrum Wien
- Dr. Wilfried Haslauer-Bibliothek
- ECSA Austria - Österreichische Gesellschaft für Europaforschung
- Edition österreichischer Musiker (Gluck, Haydn, Mozart)
- Europäische Akademie für Lebensforschung
- Europäisches Zentrum für soziale Wohlfahrt
- Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt - FORBA
- Forschungs- und Dokumentationsstelle für österreichische Philosophie
- Forschungsgesellschaft für Mukopolysaccharidosen
- Forschungsinstitut WWF Österreich
- Forschungszentrum computerunterstützte Materialwissenschaften (CMS)
- Forschungszentrum Leopold Kohr Akademie
- Forum Österreichischer Wissenschaftler für den Umweltschutz (Umweltforum)
- GLORIA-Netzwerk Klimafolgen
- Institut der Regionen Europas - IRE
- Institut für den Donauraum und Mitteleuropa
- Institut für die Wissenschaft vom Menschen - IWM
- Institut für Höhere Studien und Wissenschaftliche Forschung - IHS
- Institut für Konfliktforschung
- Institut für Liberale Politik
- Institut für Wissenschaft und Kunst - IWK
- Institut Wiener Kreis
- Interdisziplinäres Forschungszentrum Sozialwissenschaften -IFS/ICCR
- Internationales Erwin Schrödinger Institut für Mathematische Physik - ESI (inklusive ESI Stipendien und Senior Research Fellowships)
- Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften - IFK
- Kommission für die Neuere Geschichte in Österreich
- Konrad Lorenz Forschungsinstitut in Grünau/Almtal
- Konrad Lorenz Institut für Evolutions- und Kognitionsforschung
- Kontaktstelle für Weltreligionen
- Kurt-Gödel-Gesellschaft
- Lateinamerikainstitut
- Lechner, Reiter und Riesenfelder Sozialforschung OEG
- LiquA-Linzer Institut für qualitative Analysen
- MECCA - Morogoro Environmental Charter Consulting Agency
- Missionshaus St. Gabriel
- Naturschutzbund Österreich
- ÖAW - Wiener Arbeitsstelle für die Neue Schubert Ausgabe
- OIKODROM Forum nachhaltige Stadt
- Österreichische Gesellschaft für ökolog. Langzeitforschung (LTER-Austria)
- Österreichisches Institut für Nachhaltige Entwicklung
- Österreichische Kulturdokumentation (Internationales Archiv für Kulturanalysen)
- Österreichische Forschungsgemeinschaft - ÖFG
- Österreichische Friedrich und Lilian Kiesler - Privatstiftung
- Österreichische Gesellschaft für historische Quellenstudien
- Österreichische Gesellschaft für Molekulare Biowissenschaften und Biotechnologie ÖGMBT
- Österreichisches Institut für Internationale Politik
- Österreichisches Ökologie-Institut
- Österreichisches Vereinigung für Agrar-, Lebens- und Umweltwissenschaftliche Forschung
- Peripherie - Institut für praxisorientierte Genderforschung
- SERI (Sustainable Europe Research Institute)
- Slowenisches wissenschaftliches Institut in Klagenfurt
- Slowenisches Wissenschaftsinstitut in Wien
- Soziales Förderungs- und Forschungsinstitut - SOFFI
- Studiengesellschaft für Kybernetik
- Verein der Freunde der Stiftung Bruno-Kreisky-Archiv
- Verein für die Erforschung der Geschichte der Juden in Österreich
- Verein zur Förderung der Tropenstation La Gamba
- Verein zur Förderung des Forschungsinstituts für mittel- und osteuropäisches Wirtschaftsrecht FOWI
- Verein Institut Wiener Kreis-Kooperationsvertrag mit der Uni Wien
- Verein International Federation for Information Processing - IFIP
- Verein Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung
- Verein Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung - EPU
- Verein Österreichisches Studienzentrum für Frieden und Konfliktlösung - IPT Kurse
- Wiener Institut für sozialwissenschaftliche Dokumentation und Methodik
- Wissenschaftsladen Wien
- Zentrum für Soziale Innovation