Wien - "Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist entweder inkompetent oder vertuscht den Rechtsextremismus in Österreich. Ich neige dazu, dass es den Rechtsextremismus vertuschen und verharmlosen will." Karl Öllinger, grüner Nationalratsabgeordneter, ist empört - und greift die Staatsschützer frontal an. Sie würden einschlägige Veranstaltungen schlicht ignorieren.

Konkret bezieht sich Öllinger auf zwei Vorfälle im Oktober. Am 3. Oktober trafen sich in Oberwart mehrere Dutzend Mitglieder der drittstärksten ungarischen Partei Jobbik, um an den 89. Jahrestag einer kurzlebigen ungarischen Republik zu erinnern - deren Ziel eine Wiedervereinigung des Burgenlandes mit Ungarn war.

Die Kundgebung, bei der die Teilnehmer offenbar mit funktionsunfähigen Karabinern samt aufgepflanzten Bajonetten erschienen waren, war angemeldet, Verfassungsschützer waren allerdings nicht präsent, sagt Öllinger. Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT) sagte dazu am Montag lediglich, es würden mögliche Verwaltungsübertretungen geprüft.

Noch mehr empört Öllinger, dass auch bei einem Treffen der rechtsextremen Aktionsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP) kein Staatsschützer anwesend war. Gridlings Begründung am Montag: Die AFP sei eine Partei, und es sei nicht üblich, Parteiveranstaltungen zu beobachten.

Allerdings: Im Sicherheitspolizeigesetz wird sehr wohl die Möglichkeit "der Beobachtung von Gruppierungen" eingeräumt, wenn damit zu rechnen sei, dass es durch diese "zu weltanschaulich oder religiös motivierter Gewalt" kommen könnte. Die AFP hat in der Vergangenheit immer wieder neofaschistische und neonazistische Redner zu Veranstaltungen eingeladen, zumindest ein Mitglied wurde wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung rechtskräftig verurteilt.

Polizeiinformanten aktiv

Stimmt nicht, sagt man im Innenministerium. Es gebe keine Rechtsgrundlage für Überwachungen von geschlossenen Veranstaltungen von Vereinen und Parteien. Das bedeutet allerdings nicht, dass V-Männer nicht anwesend sein können. Von diesen Informanten in der rechtsextremen Szene sind in Wien mehrere aktiv, ihre Ergebnisse dürfen auch in Verfahren verwertet werden.

Entschieden dementiert wird vom BVT, dass man die ungarischen Rechtsextremisten in Oberwart ignoriert habe. Es seien zwei Mitarbeiter des Landesamts für Verfassungsschutz vor Ort gewesen, man habe anschließend auch Anzeigen bei der Bezirkshauptmannschaft gemacht. (Michael Möseneder, DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2010)