Stockholm/Olkiluoto - Der Norden galt deutschen Atomkraftgegnern lange als Vorbild. Schweden etwa hatte sich als erstes Land der Welt 1979 per Volksabstimmung für den schrittweisen Ausstieg entschieden. Die seit 2006 regierende bürgerliche schwedische Regierung vollzog aber eine Kehrtwende und treibt auch den bereits von Sozialdemokraten initiierten Endlagerbau voran. Standort wird die AKW-Kommune Östhammer sein. Auf die Standortwahl folgten kaum negative Reaktionen, obwohl der Ort nur 130 Kilometer nördlich von Stockholm liegt.
Ungewöhnlich für deutsche Verhältnisse: Zwei Gemeinden, in deren Nähe es bereits Atomkraftwerke gibt, rissen sich förmlich um das Endlager - wegen Arbeitsplätzen und finanzieller Anreize. Greenpeace musste erst deutsche Aktivisten importieren, um etwas Schwung in die Atomgegnerschaft zu bringen. Geologen bescheinigen, dass die Bodenschichten Schwedens deutlich sicherer für Endlager sind als bei diskutierten deutschen Standorten.
Endlager in Finnland in Bau
Auch beim Nachbarn Finnland gilt eine stabile Bodenstruktur als besonders sicher für den Bau von Endlagern. Die Atomkraftbefürworter treffen auf noch weniger Widerstand als in Schweden. Neue Reaktoren sind in Planung. Vor allem auf das erste Atommüll-Endlager der Welt, das 2020 in Betrieb gehen soll, sind die Finnen und die dafür auserwählte Gemeinde Olkiluoto an der Südwestküste stolz. Mehr als 100 Orte in Finnland hatten sich um das Milliarden-Projekt beworben.
In dem Lager "Onkalo" (kleine Höhle") soll Platz für mindestens 5500 Tonnen finnischen Urans sein. Über 350 Meter ist das Erdloch bereits tief. Wenn nach der Eröffnung in zehn Jahren die ersten Tonnen Nuklearabfall in 420 Metern Tiefe für rund 100.000 Jahre eingelagert werden, soll das neue Arbeitsplätze schaffen und helfen, den Wohlstand zu sichern.
Bereits 1994 hat das Parlament in Helsinki ein Gesetz beschlossen, das Finnland zur Entsorgung des eigenen Atommülls in die Pflicht nimmt. (André Anwar/DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2010)