Genau ein Monat ist es her, dass die Wiener das Ende der SP-Alleinregierung herbeigewählt haben. Dass die geistige Umstellung von der absoluten zur geteilten Macht länger als ein Monat dauert, dafür haben Michael Häupl und Finanzstadträtin Renate Brauner Dienstag einen deutlichen Beweis abgeliefert: Sie legten das Budget für 2011 vor, das laut Brauner "logischerweise" ohne Beteiligung des künftigen Koalitionspartners entstanden ist. Dafür mag es sachliche Gründe geben, so ein Budget braucht eine gewisse Vorlaufzeit. Die Präsentation in die heiße Phase der Verhandlungen zu legen, ist dennoch ein Affront gegen die Grünen, eine Machtdemonstration aus dem roten Selbstverständnis heraus, das heißt: Wir sind die Stadt.

Und die Grünen liefern brav ihre Koalitionsvorleistungen. Beschwerten sie sich vor einem Jahr noch wortreich über den Umgang der Stadtregierung mit dem Geld, finden sie sich diesmal einfach damit ab, dass sie bald einem Budget zustimmen müssen, an dessen Erstellung sie nicht beteiligt waren. Für die nächsten Jahre lässt das Schlimmes vermuten: Ein roter Bürgermeister mit jahrelang antrainiertem Allmachtshabitus dirigiert neben seinen Genossen nun auch ein paar grüne Mehrheitsbeschaffer.

Noch laufen die Verhandlungen in Wien. So wichtig das Mitregieren für die Grünen ist: Wenn sie weiterhin munter den Koalitionslimbo tanzen, werden sie auch nach der nächsten Wahl nicht mehr zu sagen haben.(Andrea Heigl, DER STANDARD, Printausgabe, 10.11.2010)