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"Empörter" Bundeskanzler: Werner Faymann

Foto: AP/Punz

Wien - Bundeskanzler Werner Faymann hat die Aussagen des türkischen Botschafters im "Presse"-Interview als "unprofessionell und inakzeptabel" bezeichnet und sich darüber "empört" gezeigt. Mit seinen Äußerungen habe Kadri Ecved Tezcan nicht nur die Menschen im Gastland, demokratische Institutionen, die internationalen Organisationen in Wien und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel "beleidigt, sondern auch keinen Beitrag zum guten Zusammenleben geleistet", kritisierte Faymann am Mittwoch und stellte etwaige Konsequenzen in den Raum.

Er werde sich laufend von Außenminister Michael Spindelegger sowohl über die Gespräche im Außenministerium mit dem türkischen Botschafter als auch auf Ebene der Außenminister informieren lassen und die weitere Vorgehensweise festlegen, so der Kanzler.

Pröll: "Absolut unangemessen"

Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll hatte die Aussagen Tezcans schon gestern abend scharf zurückgewiesen. "Es ist absolut unangemessen und inakzeptabel, dass sich ein Diplomat in dieser Form über die Innenpolitik seines Gastlandes äußert und ein Regierungsmitglied öffentlich derart abqualifiziert", ließ Pröll über seinen Sprecher Dienstagabend ausrichten.

Fekter: "Unglaubliche Entgleisung"

Auch Innenministerin Maria Fekter wies die Kritik via Aussendung zurück: Die Aussagen Tezcans seien "eine unglaubliche Entgleisung". Es sei "eines Botschafters unwürdig, sein Gastland so zu attackieren", so Fekter.

"Ich erkenne in den Aussagen des Botschafters keinen positiven Beitrag, Integration aktiv zu gestalten", so Fekter weiter. "Es steht einem Botschafter im Übrigen nicht zu, die Kompetenzaufteilung innerhalb der Österreichischen Bundesregierung zu bewerten, die das Parlament beschlossen hat."

FPÖ fordert Abbruch diplomatischer Beziehungen

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky forderte das sofortige Aussetzen der diplomatischen Beziehungen Österreichs zur Türkei. Es sei schier ungeheuerlich, was der oberste türkische Diplomat den Österreichern ausrichte, erklärte er am Mittwoch.

Der türkische Botschafter habe sich nicht nur massiv im Ton vergriffen, sondern einen Beweis mehr geliefert, dass die Türkei niemals Teil der Europäischen Union werden könne, so Vilimsky.

Grüne: "Finger auf wunde Punkte gelegt"

Als "erfrischend undiplomatisch" stuft Alexander Van der Bellen, der außenpolitische Sprecher der Grünen, die Aussagen des türkischen Botschafters ein. Die "heftigen Reaktionen" auf das Interview "verwunderten" ihn, so Van der Bellen. Zwar teile auch er nicht alle der geäußerten Meinungen, doch habe Tezcan "den Finger auf viele wunde Punkte im Umgang mit türkischen bzw. türkischstämmigen Menschen in Österreich gelegt, wobei er auch seine Landsleute nicht geschont hat." Die „Einberufung des Botschafters durch Außenminister Spindelegger und sein Beschwerdetelefonat beim türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu seien "eine völlig überzogene Reaktion".

Grüne wollen Botschafter ins Parlament einladen

Van der Bellen und die grüne Migrationssprecherin Alev Korun planten, den Botschafter zu einer Fragestunde ins Parlament einzuladen: "Öffentlicher Diskurs muss die Antwort auf öffentlich ausgeführte Argumente sein, nicht diplomatische Sanktionen", so Van der Bellen.

Kritik an Fekter und Merkel

Der türkische Botschafter Tezcan hatte in einem Interview mit der "Presse" scharfe Kritik an der österreichischen Integrationspolitik sowie an Österreich und seiner Bevölkerung selbst geübt. Den Österreichern bescheinigt Tezcan, sich nur im Urlaub für fremde Kulturen zu interessieren. Besonders ins Visier nahm er Innenministerin Maria Fekter. Sie sei Mitglied einer Volkspartei, die sich als liberal versteht. Was sie aber vertrete, "entspricht nicht einer liberalen, offenen Geisteshaltung. Das Gleiche gilt übrigens auch für Angela Merkel", so Tezcan. (APA)