Die vollen Namen der Amstetten-Opfer zu nennen verletzte deren Persönlichkeitsrechte. Dies urteilte der Mediensenat des Obersten Gerichtshofs am Mittwoch und widersprach damit dem Oberlandesgericht Wien.

Die deutsche "Superillu" nannte den Namen von Josef F.s Inzestopfern. Das Landesgericht Wien verurteilte das Magazin in erster Instanz. Das Oberlandesgericht entschied im Berufungsverfahren gegen die Inzestopfer. Der Anwalt der Opfer, Christoph Herbst, habe die Namen in der Diskussionssendung Im Zentrum genannt. Die Medien hätten daher von einem Einverständnis der Opfer zur Namensnennung ausgehen dürfen.
Gegen das Urteil legte die Generalprokuratur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ein, der jetzt der Mediensenat entsprach. Aus den Äußerungen des Opferanwalts sei deutlich hervorgegangen, dass die Opfer mit einer identifizierenden Medienberichterstattung nicht einverstanden waren. 

Das Urteil des Oberlandesgerichts war bereits rechtskräftig und hat deshalb keine Folgen für Superillu. Für die künftige Rechtssprechung hat es freilich Signalwirkung: Medienjuristen sehen darin den Opferschutz gestärkt. Konkret erwarten sie, dass noch etliche anhängige Verfahren nicht durch Richterspruch, sondern durch Vergleiche zwischen den Streitparteien geschlossen werden. Für die laufenden Amstetten-Medienverfahren könnte das Urteil eine Vorladung Elisabeth F.'s zur Folge haben. Der OGH vermisste nämlich auch Feststellungen der Untergerichte zum Vollmachtsverhältnis der Opfer zu ihrem Anwalt. Sie könnte aussagen müssen, ob sie ihren Anwalt ermächtigt hatte, ihren Namen zu nennen. 

Für die journalistische Praxis bedeutet das ein Gebot zur größeren Umsicht in der Opferberichterstattung als bisher: Selbst wenn Opfer einer strafbaren Handlung mit Medien in Kontakt treten, dürfen Journalisten nicht automatisch identifizierend über sie berichten. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 11.11.2010)