An zufriedenen und aufmunternden Kommentaren für Kadri Ecved Tezcan mangelt es wahrlich nicht. "Der Botschafter hat richtige Dinge gesagt, aber wir wollen das vom Premierminister, dem Außenminister, dem Staatspräsidenten hören", schrieb ein Leser der liberalen Tageszeitung Milliyet am Donnerstag in einer Zuschrift der Onlineausgabe. Die werden sich hüten.
Der türkische Botschafter in Wien habe auf eigene Faust gehandelt, hieß es aus Ankara. Es gelte weiter, was Außenminister Ahmet Davutoglu beim Besuch seines Kollegen Michael Spindelegger in der Türkei Anfang Oktober erklärt hatte: Das österreichische Volk verstehe vielleicht am besten den Wunsch der Türkei nach einem EU-Beitritt. Die für Anfang nächsten Jahres geplante Integrationskonferenz in Wien stehe natürlich weiter. Staatschef Abdullah Gül kommt im Frühjahr.
Österreichs Botschafterin in Ankara, Heidemarie Gürer, fuhr am Mittwochnachmittag ins türkische Außenministerium, um ihre Missbilligung über Tezcans Worte offiziell auszudrücken. Die Armee der türkischen Zeitungskommentatoren wird frühestens heute, Donnerstag, die Affäre um Tezcan und den Proteststurm in Wien aufgreifen. Die Debatte in Europa um die Integration vor allem der türkischstämmigen Bürger wird im Land aber seit Monaten verfolgt. Dabei betonen Regierungsvertreter regelmäßig, wie wichtig die Erlernung der deutschen Sprache sei; gleichzeitig werfen sie den EU-Staaten vor, nicht ernsthaft genug die Integration der Türken zu betreiben. (Markus Bernath aus Istanbul, DER STANDARD-Printausgabe, 11.11.2010)