Abu Dhabi  - Christian Klien ist wieder angekommen in der Formel 1. Der Vorarlberger bestreitet am Wochenende in Abu Dhabi seinen dritten Grand Prix für das Hispania Racing Team (HRT). Nach soliden Leistungen macht sich der 27-Jährige Hoffnungen, auch 2011 für den spanischen Neueinsteiger zu fahren. Vor dem Saisonfinale in den Emiraten sprach Klien  über einen möglichen Wendepunkt in seiner Karriere, das bevorstehende WM-Finale und Titelkandidat Mark Webber, mit dem er 2004 bei Jaguar sein erstes Formel-1-Jahr bestritten hatte:

Es steht eine der spannendsten WM-Entscheidungen der Geschichte bevor. Auf wen würden Sie Ihr Geld setzen?

"Vor Saisonbeginn war es Alonso, ich bleibe dabei. Ferrari kann auch hier wieder schnell sein. Red Bull wird zwar das schnellste Auto haben, aber ich denke, dass es Alonso packen müsste. Er ist ein sehr, sehr guter Fahrer und ihm reicht ein zweiter Platz."

Mit Mark Webber ist auch einer Ihrer ehemaligen Teamkollegen noch im Rennen. Was zeichnet ihn als Rennfahrer aus?

"Er ist im Kopf sehr stark. Er hat teamintern heuer extrem viel Druck gehabt. Das gilt für beide Fahrer von Red Bull, weil beide um den Titel fahren durften. Ich glaube, dass Webber diese Stärke aber mit seiner Erfahrung und seinem Alter einen Tick besser ausspielen kann als Vettel."

Wie haben Sie ihn als Teamkollegen persönlich erlebt?

"Das ist fast sieben Jahre her. Er war schon ein gestandener Rennfahrer, daher konnte ich damals noch sehr viel von ihm lernen. Er ist körperlich sehr fit. Dadurch habe auch ich sehr früh gesehen, dass das ein Um und Auf ist. Der Umgang mit ihm ist extrem unkompliziert. Er war ein Teamkollege, wie man ihn sich als junger Pilot nur wünschen kann."

Sie sind in der Anfangsphase auch für Red Bull gefahren. Wie viel Wehmut ist dabei, dass Sie - wenn manche Dinge anders gelaufen wären - selbst in diesem Topauto sitzen könnten?

"Red Bull hat es extrem schnell geschafft, um den WM-Titel mitzufahren. 2005 und 2006 waren die ersten Schritte, da hatte das Auto maximal Potenzial fürs Mittelfeld. Dazu gab es viele technische Kinderkrankheiten. So etwas dauert seine Zeit. Sicher wäre es mir lieber, in so einem konkurrenzfähigen Auto zu sitzen. 2006 ist es etwas unglücklich gelaufen. Aber ich habe Red Bull sehr viel zu verdanken. Sie haben mich lange unterstützt."

Wenn Sie an den Jahresbeginn zurückdenken, als Sie ohne Vertrag waren. War 2010 für Ihre Karriere doch noch ein gutes Jahr?

"Es hat schon im Vorjahr mit dem BMW-Ausstieg begonnen, wo ein fixfertiger Rennvertrag dagewesen wäre. Dadurch bin ich im Februar mit leeren Händen dagesessen. Im Endeffekt war es aber ein gutes Jahr. Es waren drei Einsätze, und die Leistung hat auf Anhieb gepasst. Ich bin seit 2006 keinen Grand Prix mehr gefahren. Eine längere Pause kann schwierig sein, das hat man bei Schumacher oder Fisichella gesehen. HRT ist zwar am Ende des Starterfeldes, aber wir sind näher an die anderen Neueinsteiger herangekommen. Mit mir hat man am Schluss auf einen erfahreneren Piloten gesetzt. Das zeigt, dass das Team leistungsorientiert ist. Das stimmt mich positiv, dass es auch im nächsten Jahr in die richtige Richtung weitergeht."

Mit Ihnen im Cockpit? Wie zuversichtlich sind Sie?

"Die beiden Einsätze zu Saisonende sind sicher ein positives Signal. Nach diesem Rennen in Abu Dhabi müssen wir weitere Gespräche führen."

Anders gefragt: Wären Sie enttäuscht, wenn es nicht klappen würde?

"Ja, das kann man so sagen."

Gibt es Alternativen?

"Bei Virgin gibt es einen Platz. Der Rest ist voll. Mit diesen beiden Teams gibt es derzeit auch Gespräche."

Ist es für einen schnellen Piloten ohne großen finanziellen Background mittlerweile schwieriger, in der Formel 1 Fuß zu fassen, als vor zehn Jahren?

"Früher, bei den großen Werksteams, war das Budget nicht das Problem. Heute ist es bei den Privaten fast ein Muss, Geld mitzubringen. Mit den Sponsorpaketen einiger neuer Fahrer ist es schwierig mitzuhalten. Acht der zwölf Teams sind momentan auf Geld angewiesen - auch von den Fahrern. Es wurde also deutlich schwieriger. Mit den Leistungen einiger Bezahlfahrer wäre man vor drei, vier Jahren sofort weggewesen."

Die vergangenen Jahre waren schwierig für Sie. Was haben Sie als Person und als Rennfahrer gelernt?

"Von Honda und BMW weiß ich jetzt, wie man mit einem Topteam arbeitet. Technisch hat mich das sehr viel weitergebracht. Davon habe ich auch viel zu HRT mitnehmen können. Die Weiterentwicklung des Teams ist positiv, es geht definitiv vorwärts. Die nächste Saison wird für die neuen Teams besser sein als diese. Es geht für mich alles in Richtung 2011."

Mit Webber haben Sie als Junger ganz gut mitgehalten. Auch er ist erst spät durchgestartet. Gibt Ihnen das Hoffnung, dass Sie auch weiter vorne mitfahren könnten?

"Das muss immer das Ziel sein. Das erste Ziel ist aber einmal, nächstes Jahr im Rennauto zu sitzen. Dafür schaut es ganz gut aus. Man muss sich wieder hinaufarbeiten. Sollte es nächstes Jahr zu einem Renncockpit kommen, ist das sicher ein Wendepunkt in meiner Karriere. Mit 28 ist noch überhaupt nichts verloren. Es ist noch viel möglich."(APA)