Wien - Die Kärntner Justiz beschäftigt sich derzeit mit einer Causa, die die Öffentlichkeit seit 2000 für abgehakt hält. Sie läuft unter dem Namen Raiffeisen Bezirksbank (RBB) Wolfsberg (Anm.: Sie ist seit 1990 aus dem Raiffeisen-Sektor ausgeschieden) - und dreht sich um ein Stück Kärntner Wirtschaftsgeschichte, mit Bezug zu Jörg Haider. Verschwörungstheoretiker sahen die Bank gern als Finanzierungsvehikel für die FPÖ, was stets zurückgewiesen wurde.

Profan ausgedrückt ermittelt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt nach jahrelangem Hin und Her gegen Ex-RBB-Wolfsberg-Chef Hans-Dieter Prentner wegen des Verdachts der Untreue; es geht um mehr als fünf Mio. Euro. Die Geschichte dazu: 2000 gingen in der RBB Spekulationen mit Kundengeldern schief. Verlust: 410 Mio. Schilling (30 Mio. Euro). Die Bank musste von Mehrheitseigner Grawe-Gruppe und Kärntner Hypo aufgefangen werden.

Für den RBB-Vorstand hatte das keine strafrechtlichen Folgen. Er verpflichtete sich zur Schadenswiedergutmachung, leistete also tätige Reue. Auf Prentner, der 2000 mit Jörg Haider in Libyen war und von ihm "oft in wirtschaftlichen Dingen um Rat gefragt wurde", wie er heute erzählt, entfielen 190 Mio. Schilling (an die 14 Mio. Euro). Eine stolze Summe für einen Banker vom Lande. Aber, so Grawe-Chef Othmar Ederer damals: "So lange er die Zahlungen leisten kann, ist es ist mir egal, wo er das Geld her bekommt." Prentner zahlte 500.000 Euro sofort, 2,2 Mio. in Form von Liegenschaften - den Rest sollte er bis 2025 abstottern: 500.000 Euro im Jahr. Prentner (heute 55) zur Mittelherkunft: "Ich habe äußerst gut verdient und bekam eine Pensionsabfertigung von 1,2 Millionen Euro. Und ich hatte viel gespart."

Diversion

Wie auch immer, die Wogen in der Öffentlichkeit waren damals geglättet. Strafrechtliche Ermittlungen in Klagenfurt (3 St 321/00 a) wegen Verdachts auf Bilanzfälschung wurden 2002 ad acta gelegt: Prentner bekam eine Diversion (außergerichtlicher Tatausgleich): "Ich habe ein paar tausend Euro bezahlt, es war nicht die Welt", wie er berichtet.

Mit den jährlichen Raten von einer halben Million Euro lief es, Überraschung, nicht so reibungslos, nach einiger Zeit bezahlte der Ex-Banker nicht mehr vertragsgemäß. Wobei sich an diesem Punkt die Geister scheiden: Laut Prentner hat es zum "unleistbaren Vertrag, der das Gerichtsverfahren verhindern sollte" eine inoffizielle "Nebenabrede" gegeben, wonach er nur zur Zahlung von rund zwei Mio. Euro verpflichtet gewesen wäre. "Das hätte ich mir leisten können, aber die Grawe ist dann zu dieser Vereinbarung nicht gestanden", sagt er.

2003 wurde der Ratenvertrag mit der Grawe verringert, 2004 kam Prentner erneut in Zahlungsnot, "auch dieser Vertrag war nicht erfüllbar", meint er heute.

Seit damals ist wieder der Staatsanwalt aktiv, jedenfalls phasenweise. Die Grawe zeigte den Ex-Banker nämlich im März 2004 an (mangels Schadensgutmachung war die Strafbarkeit wieder gegeben), der Staatsanwalt ermittelte wegen Untreueverdachts, stellte das Verfahren 2005 ein.

Inzwischen hatten die Grazer Schadenersatz eingeklagt; Landesgericht, Oberlandesgericht (im September 2006) und OGH (im Februar 2007) gaben ihnen Recht. Im Dezember 2006 brachte die Grawe bei der Staatsanwaltschaft eine ergänzende Stellungnahme ein.

2007 beschäftigte sie sich dann wieder mit der Causa RBB/Prentner. Nach Abklärung schwieriger juristischer Verfahrensfragen nahm die Kärntner Justiz ihre Ermittlungen 2008 formlos wieder auf, quasi als Fortsetzung der Causa von 2000. Prentner und ein zweiter Ex-Banker sind der Untreue beschuldigt. Demnächst wird über Anklage oder Einstellung des Verfahrens entschieden. Prentner, für den die Unschuldsvermutung gilt, weist die Vorwürfe zurück: "Ich habe keine Untreue begangen und alle meine Pflichten erfüllt."

Seit kurzem liegt der Justiz sogar ein Gerichtsgutachten vor; demnach liegt der Schaden bei mehr als fünf Mio. Euro. Der Gerichtssachverständige hat jene Spekulationsgeschäfte unter die Lupe genommen, die vor fast zehn Jahren schiefgelaufen sind.(Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.12.2010)