Der Mann nötigt auch seinen Gegnern Respekt ab: zumindest für sein Sitzfleisch. Als Premierminister Nuri Kamil al-Maliki am 7. März 2010 die Parlamentswahlen mit nur zwei Stimmen Rückstand auf seinen Rivalen Ayad Allawi verlor, weigerte er sich erst einmal, das Ergebnis zu akzeptieren. Als auch eine teilweise Wiederauszählung in Bagdad nichts half, verlegte er sich auf seine mittlerweile legendäre Sturheit. Acht Monate dauerte es - und jetzt machen ihn auch diejenigen, die ihn eigentlich hassen, wieder zum Premier.

Die Geduld ist wohl in seiner Biografie angelegt. Nach seiner Flucht aus dem Irak 1979 musste er 24 Jahre lang auf seine Rückkehr nach dem Fall des Regimes von Saddam Hussein 2003 warten. Den ihm 2006 eher unerwartet zugefallenen Posten gedenkt er nun nicht so leicht abzugeben. Manches, was er für den Machterhalt tut, verursacht demokratischen Beobachtern leichtes Kopfzerbrechen: so, dass er ganz gerne die Institutionen übergeht und durch Berater und selbstgeschaffene Gremien regiert; oder auch, dass er bereits eine kleine Elitetruppe in der Armee mit ihm nahestehenden Leuten besetzt hat.

Nuri al-Maliki wurde 1950 in Abu Gharaq im Zentralirak geboren. An der Universität Bagdad, wo er arabische Literatur studierte, kam er mit der Dawa-Partei - der ersten religiösen schiitischen Partei im Irak - in Kontakt. 1979, als angesichts der Revolution im Iran Saddams antischiitische Paranoia immer mehr zunahm, musste Maliki fliehen, 1980 wurde er in Abwesenheit zum Tode verurteilt.

Zuerst ging er nach Damaskus ins Exil, dann in den Iran und später wieder zurück nach Syrien, von wo er gegen Saddam arbeitete. Nach der Rückkehr 2003 blieb er in der Dawa zweiter Mann hinter Ibrahim al-Jafari, der 2005 Premier wurde. Zu diesem Amt kam Maliki im Jahr 2006 nur, weil Jafari sich sowohl bei seinen kurdischen Koalitionspartnern (durch einen nicht abgesprochenen Besuch in der Türkei) als auch bei der US-Besatzungsmacht (durch seine rasante Schiitisierungspolitik) unbeliebt gemacht hatte. Maliki übernahm auch die Dawa.

Seine große politische Stunde kam 2008, als er US-Präsident George Bush ein bilaterales Abkommen abtrotzte, in dem fast alle irakischen Wünsche, inklusive Abzugsdatum der US-Truppen 2011, berücksichtigt wurden. Der damalige Aufwind reichte jedoch 2010 für den Vater von vier Töchtern und zwei Söhnen knapp nicht mehr für den Wahlsieg. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 12.11.2010)