Die Justiz ist nicht so unmodern, wie man denkt. Im Zuge der jüngsten Budgeteinsparungen schließt sie sich nun dem Trend "Der Kunde darf dafür zahlen, dass er sich alles selbst machen darf" an, der bei Banken, Fluglinien und den ÖBB bereits seinen Siegeszug angetreten hat.

Bekanntlich verrechnen die Banken seit geraumer Zeit lässige Gebühren dafür, dass man sich seine Kontoauszüge selbst ausdrucken, seine Überweisungen selbst eintippen und seine Kontobewegungen per Telebanking selbst machen darf. Auch die Wiener Stadtwerke halten ihre Kunden zur Selbstablesung an bzw. versuchen, sie an die selbst auszudruckende elektronische Rechnung zu gewöhnen. Die AUA und die ÖBB verrechnen saftige Buchungsgebühren dafür, dass sich die Reisenden ihre Tickets durch Ausfüllen langer Formulare im Internet selbst ausstellen, statt für die Personaleinsparung Nachlässe zu gewähren.

Das hat der Justiz eingeleuchtet. Daher müssen künftig die Opfer leichter, fahrlässiger Verletzungen (vor allem Verkehrsunfälle) ihr Schmerzensgeld selbst einklagen. Es gibt kein Strafverfahren mehr, und zwar bei Verletzungen mit höchstens 14-tägigen Folgen.

Prellungen, Schnitte, Peitschenschlagsyndrom: "Machts eich des selber!", ruft fröhlich die Justiz. "Wir ham Wichtigeres zu tun!" Und die Amtstage (mit Rechtsauskunft) werden gestrichen, dafür kostet eine Seite Kopie im Akt 50 Cent. Bürgernah. (Hans Rauscher, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12.12.2010)