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Berlusconi ist Druck und Regierungskrisen gewohnt.

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Dieses Mal könnte es besonders unangenehm werden.

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Fini bei seiner Rede: Ist das der Anfang vom Ende?

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Fini, Berlusconi: Die einstigen Weggefährten können nicht mehr miteinander.

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Oppositionschef Bersani.

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Derweil noch an Berlusconis Seite: Umberto Bossi.

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Seit Wochen schwelt die Regierungskrise in Italien schon, nun spitzt sich die ohnehin konfuse Lage weiter zu: Nachdem Regierungschef Silvio Berlusconi am Donnerstag einmal mehr beteuert hatte, auch in Zukunft nicht von seinem Amt zurücktreten zu wollen, planen außerdem die Regierungsmitglieder der Rechtsfraktion um den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Gianfranco Fini, am Montag aus dem Kabinett auszutreten. Berlusconi wird somit Europaminister Andrea Ronchi und zwei Staatssekretäre verlieren. Zusätzlich hat die Opposition am Freitag einen Misstrauensantrag gegen die Regierung Berlusconi eingereicht. Den Antrag stellt der Fraktionschef der größten Oppositionspartei, das Mitte-Links-Bündnis "Partito Democratico" (PD) im Abgeordnetenhaus, Dario Franceschini. Ein Datum für das Votum gibt es noch nicht.

"Sein Rücktritt ist unausweichlich"

Die Stimmen der "Finiani", der Anhänger Finis im Parlament, sind für den Fortbestand der Regierung ausschlaggebend. Fini fasste den Beschluss, seine Anhänger aus der Regierung abzuziehen, nachdem ein Vermittlungsversuch des Chefs der rechtsföderalistischen Regierungspartei Lega Nord, Umberto Bossi, gescheitert war. Nach einem einstündigen Treffen zwischen Fini und Bossi hinter verschlossenen Türen - während der Ministerpräsident am G20-Gipfel in Südkorea weilte - , teilte Berlusconis früherer Parteikollege mit: "Sein Rücktritt ist unausweichlich", zitiert die römischen Tageszeitung La Repubblica Fini am Freitag. Und: "Ihr könnt Silvio ausrichten: Wenn er nicht zurücktritt, werden wir für seinen Rücktritt sorgen."

Die Fini-Anhänger betonten, sie würden sich im Parlament bei der in den nächsten Tagen geplanten Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2011 der Stimme enthalten. Sollte Berlusconi nach dem Votum über das Haushaltsgesetz weiterhin den Rücktritt verweigern, wollen die "Finianer" einen Misstrauensantrag gegen den Premier stellen, um ihn zur Demission zu zwingen.

Berlusconi: "Sollen sie mich nur herausfordern"

Bossi hatte Fini einen neuen "Regierungspakt" mit den Schwerpunkten Wahlrechtsreform und Föderalismus vorgeschlagen. Fini stellte sich jedoch taub und bekräftigte seine Forderung nach dem Rücktritt Berlusconis. Zuvor hatte Fini Berlusconi dazu aufgefordert, zusammen mit den Anhängern der Fini-Fraktion "Zukunft und Freiheit" ein neues Kabinett mit klarem Programm zu bilden, in dem Wirtschaftsförderung und Beschäftigung vorrangig sein sollen. Italienischen Nachrichtenagenturen zufolge reagierte Silvio Berlusconi im kleinen Kreis darauf gänzlich ablehnend.

Berlusconi gibt sich weiterhin unbeeindruckt und erwiderte, er denke nicht ans Aufgeben: "Wenn die Finianer es so wollen, dann sollen sie mich nur herausfordern", richtete er Donnerstag Abend aus Seoul laut Repubblica aus. "Ich werde niemals zurücktreten", zitiert auch die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera Berlusconi. Der 74-jährige Regierungschef forderte Fini erneut auf, ihm im Parlament das Misstrauen auszusprechen.

Opposition: "Land braucht regierungsfähiges Kabinett"

Die Opposition warnte unterdessen vor weiterem Zeitverlust mit Bemühungen, die ohnehin wackelige Regierung am Leben zu erhalten. "Das Land braucht ein regierungsfähiges Kabinett, das die Probleme des Landes in Angriff nehmen kann. Wir dürfen keine weitere Zeit verlieren", so der Chef des "Partito Democratico" (PD, "Demokratische Partei") Pierluigi Bersani. Er verlangt eine "technokratische Übergangsregierung". Berlusconi habe keine Zukunftsaussichten mehr, weil er in der Kammer über keine Mehrheit mehr verfüge.

Bei einer von mehreren Tausend Fli-Anhängern besuchten Veranstaltung in Bastia Umbria in der Nähe von Perugia Anfang richtete Fini Anfang der Woche der Regierung aus, den Kurs verloren zu haben. Berlusconis PDL-Bündnis sei ein erledigtes Kapitel: "Die große liberale Revolution hat nie stattgefunden."

Während seiner fast zweistündigen programmatischen Rede griff Fini den Premier mehrfach scharf an. Unter anderem kritisierte er die Programme von Berlusconis Fernsehimperium sowie die diskriminierenden Äußerungen Berlusconis gegenüber Homosexuellen letzte Woche. Die von Berlusconi sogenannte "Regierung des Tuns" sei höchstens eine "Regierung des so Tuns als ob". Die Italiener hätten keine Lust mehr auf eine Regierung, die nicht regiert.

"Den Stecker rausziehen"

Fini wurde von Berlusconi im Juli aus der gemeinsamen Mitte-Rechts-Bündnis "Volk der Freiheit" ("Popolo della Libertà", PdL) ausgewiesen. Fini gründete daraufhin mit 34 Abgeordneten die FLI-Fraktion. Der Streit hatte sich vor allem an den Immunitätsgesetzen entzündet, die Berlusconi vor Strafverfolgung schützen sollen. Außerdem bemängelte Fini den seiner Ansicht nach zu großen Einfluss des fremdenfeindlichen Koalitionspartners Lega Nord auf die Regierungspolitik.

Anders als der abtrünnige Parlamentspräsident Fini harrt Lega-Chef Umberto Bossi weiter an Berlusconis Seite aus.

Zuletzt hatte Berlusconi mit einem mutmaßliches Verhältnis mit einem 17-jährigen Mädchen Schlagzeilen provoziert. Pierluigi Bersani kritisierte Berlusconis Umgang mit persönlichen Fehltritten. Fini müsse der Regierung endlich "den Stecker rausziehen". Der Chef der kleinen Antikorruptionspartei IDV, Antonio di Pietro, sicherte Fini im Fall eines Misstrauensvotums Unterstützung zu. (fin, derStandard.at, 12.11.2010)