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So manches an der christlichen Rechtfertigungsstrategie den Juden gegenüber ist, um es einmal ganz brutal zu sagen, im Kitschbereich angesiedelt. Die älteren Brüder, die man quasi aus Versehen jahrhundertelang verfolgt hat, aber eigentlich ohnehin erst so richtig, als die christliche Religion durch die gottlosen Nazis ausgebootet wurde etc.

Theodor Much, Präsident der jüdischen Reformgemeinde Or Chadasch (Neues Licht) in Wien und bereits als Autor anderer luzider Bücher über das Judentum bekannt, nimmt sich der religiösen Wurzeln der Judenfeindschaft in "Wer killte Rabbi Jesus?" in systematischer Weise an - und was' wiegt, das hat's: Dass die Juden, diese verstockten Gesellen, die "Folgen tragen" müssen (Matthäus 27,25), ist christlich angelegt. Was ein vielschichtiger politischer und sozialer Konflikt war, der den Wanderprediger das Leben kostete, wird in den Schriften so hingebogen, dass die Juden als Täter übrigbleiben.

Wobei Much den virtuellen jüdischen Prozess gegen den Rabbi Jesus mit allen Anklagepunkten durchspielt - und zum Schluss kommt, dass Jesus nicht gegen jüdisches Gesetz verstieß. So ist dieses luzide Buch nicht als Anklage gegen das Christentum zu lesen, sondern vor allem als Buch über das Judentum. Wobei der Wunsch, dass Information vor Dummheit schützt, ein frommer bleibt. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 13./14. 11. 2010)