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Schüssel: "Nicht weiter wurschteln"

apa/ROBERT JAEGER

Wien - Am Tag vor Beginn der verschärften gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen gegen die Pensionsreform hat Bundeskanzler Wolfgang Schüssel eine Gegenattacke gestartet: "Politische Streiks sind in der Demokratie massiv abzulehnen", erklärte der VP-Chef am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Die von der Gewerkschaft geplanten Aktionen stünden "vollkommen außerhalb jeder Dimension". Schüssel beklagte, jetzt "die Prügel dafür zu kriegen", dass jahrelang in der Pensionsfrage nur verwässert worden sei.

"Nicht weiter wurschteln"

Schließlich könnte er es sich auch einfach machen: "Dreieinhalb Jahre weiterwurschteln wäre nicht das Problem". Die Fakten ließen sich aber nicht wegdiskutieren - die höhere Lebenserwartung und die Menschen gingen immer früher in Pension. Wenn man jetzt nichts tue, gebe es später massive Einschnitte und die Jungen hätten "dramatisch höhere Beiträge zu zahlen".

Vehement zurückgewiesen wurden vom Kanzler Vorwürfe, wonach er die Mitarbeit der Sozialpartner abgelehnt habe. Gewerkschaften und Kammern seien drei Jahre in die Pensionsreform eingebunden gewesen. Kurz vor Präsentation des Abschlussberichts seien aber die Vertreter von Arbeiterkammer und Gewerkschaft nicht mehr gekommen. Das sei für ihn das "Erschütternde", dass man auf sachlicher Ebene keine gemeinsamen Lösungen erarbeiten könne. ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch wurde von Schüssel vorgehalten, ihm von Weihnachten bis März keinen Termin für ein Einzelgespräch über die Pensionsfrage gewährt zu haben.

"...so etwas für unmoralisch

Konkret zu den Streiks meinte Schüssel, Gesetze würden im Parlament gemacht und nicht durch eine Machtfrage auf der Straße. Am meisten stört ihn eine Aktion der Gemeindebediensteten, wonach in Spitälern und Pflegeheimen an einem Streiktag das Essen gekürzt wird: "Ich halte so etwas für unmoralisch". Trotz all dieser Auseinandersetzungen hofft Schüssel, dass man nach "einer gewissen Zeit der Zuspitzung" dazu zurückfinde, wieder miteinander zu reden.

Dass die Reform zu plötzlich kommt, sieht der Kanzler nicht so: "Das ist kein Überfall", verwies Schüssel auf die Arbeit der Pensionsreform-Kommission und die bei Durchrechnung, Steigerungsbetrag und Antrittsalter-Anhebung gewährten Übergangsfristen. Überhaupt betonte der VP-Chef, dass man gerade ihm den Vorwurf nicht machen dürfe, nicht schon immer die Dinge beim Namen genannt zu haben. Die Notwendigkeit weiterer Reformen sei von ihm stets klar angesprochen werden.

Bei dieser Darstellung blieb Schüssel auch bei der Einspielung seiner Aussagen von einer Pressestunde aus dem Jahr 1997. Damals hatte er gemeint: "Es wird eine solche Reform mit einem Durchrechnugszeitraum bis 2020 nicht mehr geben. Man wird bis 2020 überlegen, ob man dann verlängert auf Lebenserwartung minus der schlechtesten fünf oder zehn Jahre. Bis 2020 wird hier nicht zu rühren sein".

Schüssel gegen Volksabstimmung

VP-Chef Wolfgang Schüssel kann unverändert wenig mit dem Wunsch der FPÖ-Spitze anfangen, eine Volksabstimmung über die Pensionsreform durchzuführen. Er sei "prinzipiell sehr skeptisch", dass eine Volksabstimmung in solch einer Sache, wo es um äußerst komplizierte Themen gehe, sinnvoll sei, erklärte der Bundeskanzler am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Ohnehin habe man im Moment "alle Hände voll zu tun", die Eckpunkte der Reform durch das Parlament zu bringen und in der Öffentlichkeit Überzeugungsarbeit zu leisten. Für Schüssel ist dabei klar, dass Österreich auch nach der Reform "das sozialste Land der Welt" sein werde, was die Pensionsfrage angeht.

Dass es Probleme für die Koalition dadurch geben könnte, dass sich die FPÖ im Sozialbereich stärker profilieren will, glaubt Schüssel nicht: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das schaffen werden". Es sei klar, dass sich jede Partei mit den Persönlichkeiten an ihrer Spitze profilieren wolle, betonte der Kanzler angesichts der Rolle von FP-Chef Herbert Haupt als Sozialminister. (APA)