Im Nachkriegsirak wird neben den USA und Großbritannien nun auch das noch junge Nato-Land Polen eine wichtige Rolle spielen. Rund 10.000 polnische Soldaten, so wünscht man sich in Washington, sollen möglichst bald in den Nordirak kommen und dort den Frieden sichern: Warschau, Mitglied der "Koalition der Willigen", ist von US-Präsident George W. Bush mit dem Oberbefehl für eine der drei Militärzonen im Irak belohnt worden. Auch Polens Truppe untersteht freilich dem US-Oberkommandierenden Tommy Franks.

Jerzy Szmajdzinski, Polens Verteidigungsminister, sagte bereits die sofortige Entsendung von rund 1000 Soldaten zu. Er reiste am Sonntag in die USA, um über weitere Einzelheiten der Besatzungs- und Friedenspolitik im Irak zu verhandeln. Schon Außenminister Wlodzimierz Cimosze-wicz hat aber am Wochenende beim Treffen der EU-Außenminister in Griechenland klargemacht, dass Polen gar nicht das Geld habe, um 10.000 Soldaten für einen längeren Zeitraum in den Irak zu schicken. Möglich sei ein solcher Einsatz nur dann, wenn die Amerikaner die Kosten dafür übernehmen.

Während Westeuropa überrascht über die neue Entwicklung den Kopf schüttelt und sich fragen mag, ob Polen eigentlich klar ist, welchen Schaden es der künftigen gemeinsamen EU-Außenpolitik zufügt, wundert man sich in Polen nur über die Westeuropäer. Schließlich hatte Polen schon in den vergangenen zwölf Jahren die diplomatischen Interessen der USA im Irak wahrgenommen.

Konsequente Haltung

Mit Beginn des Golfkrieges von 1991 hatten die USA ihre Botschaft im Irak geschlossen und alle amerikanischen Diplomaten aus dem Land abgezogen. Da Polen bereits seit den 70er-Jahren gute Beziehungen zum Irak unterhielt, war der osteuropäische Reformstaat der ideale Partner für die USA. Dass Polen daher im Irakkrieg aufseiten der USA stehen würde, schien den amerikanischen und polnischen Politikern nur konsequent.

Doch Polen kann noch ein anderes Pfund in die Waagschale werfen. Zu Zeiten des Kalten Krieges hatte der Ostblock intensive Beziehungen zu den "arabischen Bruderstaaten" unterhalten. So haben von den 70er-Jahren an bis heute bis zu 80.000 Polen im Irak gearbeitet, als Ingenieure Brücken und Straßen geplant, als Mediziner Krankenhäuser eingerichtet, als Techniker Ölraffinerien und Zuckerfabriken gebaut.

Zur gleichen Zeit studierten viele Iraker in Polen, sodass ein großer Teil der heutigen Elite des Irak nicht nur Polen kennt, sondern auch Polnisch spricht. Das Verhältnis zwischen Irakern und Polen ist daher freundlich. Wichtig ist den Amerikanern nach offizieller Darstellung auch, dass die polnische Gesellschaft den Wandel von der Diktatur zur Demokratie selbst durchlebt hat und daher ihre Erfahrungen zum Aufbau der Demokratie im Irak besteuern kann. (Gabriele Lesser aus Warschau /DER STANDARD, 5.5.203)