Nachdem die Nachricht vom Freispruch Giulio Andreottis Freitagabend die Runde gemacht hatte, vergingen nur wenige Minuten, bis sich Silvio Berlusconi höchstselbst zu Wort meldete: Das Urteil liquidiere endlich einen Teil jenes 1993 gestarteten Versuches der Justiz, "das Gesicht unserer Demokratie zu verunstalten", erklärte er. Der andere Teil des vorgeblichen Komplottes - das erwähnte Italiens Premier gar nicht erst extra - betrifft natürlich ihn selbst.

Mag diese neu entdeckte Gemeinsamkeit auch aus dem an Verschwörungstheorien reichen Fundus Berlusconis stammen, so hat sie doch etwas für sich - sie zeigt immerhin: Andreotti und Berlusconi sind ein einigermaßen ungleiches Paar. Der siebenfache Premier stellte sich brav seinen Verfahren, verlor nie ein Wort über die Legalität der Gerichte und steht jetzt - zumindest bis zum nächsten Urteil - strafrechtlich mit weißer Weste da. Nach der politischen Verantwortung des "Fuchses" - so wird Andreotti in Italien genannt - für die Mafiaverstrickungen des Staates kräht kein Hahn mehr. Im Gegenteil: Es läuft bereits eine Art Heiligsprechungsverfahren in der gerührten Öffentlichkeit.

Kein eleganter Umgang

Zu dieser Art des "eleganten Umgangs" (Corriere della Sera) mit der Justiz ist Berlusconi nicht fähig. Er muss sich mit brachialem Institutionenverständnis wehren, mit Schlagworten wie "rote Roben" oder "juristischer Putschversuch" operieren. Das wird er wohl auch heute, wenn er sich doch einmal zu seinem Korruptionsprozess verfügt, erneut beweisen. Die angekündigte Grundsatzerklärung wird das enthalten, was Senatspräsident Marcello Pera bereits vorgeschlagen hat: eine Suspension aller Politikerprozesse "zum Wohle des Staates".

Wo der "Fuchs" also schleicht, wirbelt Berlusconi Staub auf. Das lässt hoffen, dass er seine juristischen Probleme nicht "elegant" loswerden wird - und sich die Italiener seine Ausfälle bis zur nächsten Wahl merken. (DER STANDARD, Printausgabe, 5.5.2003)