Brüssel - Der belgische Premierminister Guy Verhofstadt hat seine Regierung knapp zwei Wochen vor der Parlamentswahl am 18. Mai umgebildet. König Albert II. nahm am Montag den Rücktritt der grünen Verkehrsministerin Isabelle Durant an, die ihr Amt am Sonntag im Streit um Nachtflüge über Brüssel niedergelegt hatte. Ihre Aufgaben übernimmt die sozialistische Arbeitsministerin Laurette Onkelinx.

Der bisherige Regierungskommissar Yvan Ylieff wurde zum Forschungsminister ernannt, damit die in der Verfassung vorgeschriebene Gleichzahl von Ressortchefs mit französischer und niederländischer Muttersprache erhalten bleibt. Durants grüner Parteifreund Olivier Deleuze, der von seinem Amt als Staatssekretär für Energiefragen zurückgetreten war, wurde ebenfalls ersetzt.

Offene Koalition

Offen blieb zunächst, ob die frankophone Grünen-Partei Ecolo mit dem Rücktritt Durants auch aus der Koalition mit den Liberalen und Sozialisten ausgeschieden ist. Ecolos flämische Schwesterpartei Agalev stützte die Verhofstadt-Regierung unverändert. Praktische Auswirkungen hätte ein Bruch der Koalition nicht mehr: Bis zum Wahltermin stehen in Belgien keine wichtigen Entscheidungen mehr an, das Parlament hat seine Arbeit bereits eingestellt.

Hintergrund des Rücktritts ist ein Zerwürfnis zwischen dem liberalen Regierungschef und der grünen Ministerin über die Routen für Nachtflüge im Raum Brüssel. Verhofstadt hatte Durant aufgefordert, unverzüglich neue Flugstrecken über dem Brüsseler Stadtgebiet auszuweisen. Durant wollte dies erst nach Absprache mit der Brüsseler Stadtregierung tun. Ihre Bitte um 24 Stunden Zeit für eine Prüfung der Frage wies Verhofstadt zurück.

Nachtflüge

Der flämische Fernsehsender VRT meldete, die Nachtflüge vom Brüsseler Flughafen Zaventem würden vom 12. Juni an auf verschiedene Routen über Randbezirke und Brüsseler Stadtgebiet verteilt. Kleine Änderungen an den ursprünglich geplanten Strecken sollten aber dafür sorgen, dass die Maschinen einem dicht bewohnten Stadtteil und dem Tanklager ausweichen.

Analytiker meinen, Verhofstadt sei einen ungeliebten Partner losgeworden, ohne dass die Regierung darunter leiden würde: Das Parlament hat seine Arbeit bereits eingestellt, wichtige Entscheidungen stehen bis zum Wahltag am 18. Mai nicht mehr an. Beobachter halten Verhofstadts Manöver in letzter Minute deshalb für kühl kalkuliert, um Wähler aus dem rechten Spektrum an seine Partei der flämischen Liberalen VLD zu binden. (APA/dpa)