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Kanzlerin Merkel, "Hampelmann der Atomlobby"

Foto: APA/EPA/Karmann

Berlin - In Deutschland haben am Samstag rund 100.000 Menschen gegen den Abbau von Sozialleistungen demonstriert. In Nürnberg gingen nach Polizeiangaben etwa 30.000 Menschen auf die Straße. Mindestens ebenso viele demonstrierten nach Polizeiangaben in Stuttgart, der Veranstalter sprach sogar von 45.000. Zeitgleich fanden weitere Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Erfurt und Dortmund statt.

Das Motto der Kundgebungen lautete: "Gerechtigkeit ist etwas anderes - wir brauchen einen Kurswechsel". Hauptforderungen waren gerechte Löhne, ein solidarisches Gesundheitssystem, Verzicht auf die Pension mit 67 Jahren, starke öffentliche Leistungen sowie qualifizierte Bildung und Ausbildung.

"Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun"

Der IG-Metall-Bundesvorsitzende Berthold Huber sagte auf dem Stuttgarter Schlossplatz: "Die Folgen der Finanzmarktkrise müssen noch heute die Menschen austragen - mit Steuererhöhungen, mit Arbeitsplatzverlusten und mit Sozialkürzungen. Das hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun." Er fügte hinzu: "Wir wollen keine Republik, in der mächtige Interessengruppen mit ihrem Geld, mit ihrer Macht und mit ihrem Einfluss die Richtlinien der Politik bestimmen."

Verdi-Chef Frank Bsirske warf der Bundesregierung in Dortmund vor, Deutschland sei eine Steueroase für Vermögende, weil Spitzengehälter, Unternehmensgewinne, Aktienhandel und große Erbschaften nicht stark genug besteuert würden. "Unten belasten und oben entlasten - das ist der falsche Weg."

Den meisten Beifall erntete Bsirske für seine Kritik an der Erhöhung des Pensionsalters auf 67 Jahre. Dies sei eine "soziale Zeitbombe". Das hohe Pensionsalter und die niedrigen Löhne setzten Altersarmut in Deutschland auf die Tagesordnung. Der Vorsitzende der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, forderte die deutsche Bundesregierung zu Kurskorrekturen auf. "Wir fordern unseren Anteil am Aufschwung. Wir wollen keinen XXL-Aufschwung mit XXL-Leiharbeit."

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen bekräftigte indes, dass am Pensionsalter 67 Jahre kein Weg vorbei führe. Alternativen wären höhere Beiträge oder Pensionskürzungen. Daher sei eine moderate Verlängerung der Lebensarbeitszeit die beste Lösung. Die CDU-Politikerin relativierte auch am Samstag bekannt gewordene Erhebungen der Bundesagentur für Arbeit, wonach die Zahl der Arbeitslosen zwischen 60 und 64 Jahren sprunghaft gestiegen sei. Sie habe sich von Oktober 2007 bis Oktober 2010 von 34.500 auf rund 145.500 mehr als vervierfacht, berichtete die "Süddeutsche Zeitung". Die Ministerin sagte dazu, es sei nur die Statistik ehrlicher geworden. (APA/dpa/Reuters)