Als Mischung aus "Erpressung" und "Verführung" wurde in Israel ein US-Vorschlag gewertet, der die Fortsetzung der Verhandlungen mit den Palästinensern ermöglichen soll.

Israel würde demnach im Gegenzug für amerikanische Belohnungen noch einmal, diesmal für drei Monate, den Ausbau der Siedlungen im Westjordanland unterbrechen müssen, obwohl Premier Benjamin Netanjahu lange Zeit beharrlich erklärt hatte, dass ein weiterer Baustopp nicht infrage käme.

Der Premier legte das Paket, das ihm US-Außenministerin Hillary Clinton in New York angeboten hatte, am Sonntag beim Ministerrat in Jerusalem auf den Tisch. Abgestimmt wird vermutlich frühestens in einigen Tagen. Durch die angekündigte Enthaltung der orthodoxen Schass-Partei dürfte sich eine Mehrheit für den Vorschlag ergeben. Die Verhandlungen hatten am 2. September in Washington begonnen und waren bald darauf wieder zusammengebrochen, als ein zehnmonatiges Bau-Moratorium auslief.

Kein Stopp in Jerusalem

Der Vorschlag "ist noch nicht endgültig und befindet sich noch in einem Prozess der Ausarbeitung" , sagte Netanjahu. Der neuerliche Baustopp soll wieder nicht für Ost-Jerusalem gelten, sehr wohl aber für Projekte, die nach dem Ende des ersten Baustopps begonnen wurden. Einen dritten Baustopp würden die USA danach nicht mehr verlangen, sagte Netanjahu.

Die Grundidee ist dabei, dass innerhalb von drei Monaten der Grenzverlauf ausgehandelt würde, womit geklärt wäre, wo die Israelis bauen können und wo nicht.

Als Gegenleistung bieten die Amerikaner langfristige Sicherheitsgarantien und die Lieferung von zusätzlichen 20 hochmodernen F35-Kampfflugzeugen an. Zudem sichern sie Israel politische Deckung in internationalen Gremien zu, etwa bei der drohenden Verurteilungen wegen des Gaza-Kriegs oder der Kaperung der türkischen "Gaza-Flotte" Ende Mai.

Das rechte Lager in Israel wendet ein, dass die Garantien wertlos seien und die USA Israel ja auch bisher schon durch Vetos geschützt habe. Die Palästinenser geben sich kühl: Sie verlangen einen zeitlich unbegrenzten Baustopp, der auch für Ostjerusalem gelten müsse. (Ben Segenreich aus Jerusalem/DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2010)