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Auf der Suche nach der richtigen Digicam.

Foto: Reuters

Als Tech-Redakteurin bin ich den Dschungel an neuen Geräten gewohnt. Aber als ich vor kurzem beschloss mir eine neue Digicam zuzulegen, war ich ob der unglaublichen Modellvielfalt doch etwas eingeschüchtert. Gesucht habe ich eine einfach zu bedienende Kamera, die mein Untalent zum Fotografieren und meine zittrigen Hände mit automatischen Bildeinstellungen und einem ordentlichen Stabilisator ausgleicht. Und teuer sollte sie auch nicht sein. Gelandet bin ich bei zig Ratgebern "Die 100 besten Digicams unter 300 Euro" oder "Die Top 50 Digicams im Herbst". Nun bin ich zwar eine Natural Born Googlerin, aber vor dieser Artenvielfalt musste ich kapitulieren.

Erste Herausforderung: Besuch im Fachmarkt

Auf meiner Suche nach Hilfe, habe ich mich also in die nächste Filiale einer Elektronikmarkt-Kette begeben. Fachkundige Auskunft habe ich zwar nicht erwartet, aber man lässt sich auch gerne überraschen. Fehlanzeige. Ich wollte die Benutzeroberfläche eines bestimmten Kamera-Modells inspizieren, in dem kein Akku eingelegt war. Die Verkaufskraft meinte: "Schauen Sie sich das andere Modell an, da schaut das genauso aus." Auf dem nächstteureren Modell befand sich ein Wählrad, mit dem man am Bildschirm ein ringförmiges Menü bedienen könnte. "Aber auf der Kamera ist ein Menürad, auf der billigeren ist keines, schaut das Interface trotzdem so aus?", meine skeptische Frage. Der Verkäufer: "Achso nein, das ist bei dem Modell anders." Immerhin war er so intuitiv meinen Blick richtig zu deuten und holte dann doch einen Akku für das Modell, das mich interessierte.

Profi-Reviews vs. Kundenrezensionen

Überflüssig zu sagen, dass ich im Fachmarkt nicht fündig wurde. Denn dort sind zwar die wichtigsten Features der Kameras angeschrieben, aber über die Bildqualität erfährt man auf diese Weise nichts. Und Verkäufer mit solchen Fragen überanstrengen wollte ich auch nicht, haben doch einige ohnehin schon Stress genug, den hilfesuchenden Kunden auszuweichen. Also musste ich doch wieder selbst im Web recherchieren. Etwa fünf Kameras konnte ich nach stundenlangen Vergleichen Mithilfe von CNet, Chip, Trusted Reviews und diversen Gadget-Blogs in die engere Wahl ziehen. Aus den teilweise sehr unterschiedlichen Fazits der Tester bin ich allerdings nicht schlau geworden.

Überraschend hilfreicher gestalteten sich da schon die Kundenrezensionen auf Amazon. Nagelneue Kameras haben freilich weniger Bewertungen, dafür erhält man bei Vor-Saison-Modellen ein gutes Bild. Bei extrem positiven Berichten (vor allem, wenn sie wohldurchdacht und fehlerfrei geschrieben sind) ist freilich eine Portion Misstrauen angesagt. Hier dürften die Hersteller selbst ans Werk gegangen sein. Letztendlich habe ich durch eingehende Lektüre der Profitests und Kundenrezensionen eine passende Kamera gefunden, die Casio Exilim EX-H10.

Preisunverschämtheiten

Ganz alleine auf Amazon wollte ich mich nicht verlassen und begutachtete das Modell auch nochmal im Elektronikfachmarkt. Dort war der Preis mit 199 Euro angeschrieben, also bestellte ich das gute Stück über das Internet-Versandhaus um 180 Euro. Am Tag nach der Lieferung habe ich nochmals den Fachmarkt aufgesucht wegen einer passenden Tasche und was muss ich da sehen? Nun kostete die Kamera plötzlich nur mehr 149 Euro, in einer anderen Filiale war sie noch mit 199 Euro gelistet. Also habe ich die Digicam billiger im Handel erstanden und die erste Kamera an Amazon zurückgeschickt, was immerhin einwandfrei funktioniert. Das Geld wurde unmittelbar danach samt Versandkosten zurückerstattet. Inzwischen habe ich nochmals einen Blick auf die Preisentwicklung der Kamera geworfen. Bei der Elektronikkette kostet sie nun (in beiden Filialen) 149 Euro. Bei Amazon wird sie bei einigen Händlern um bis zu 250 Euro gelistet.

Happy End

Der Aufwand im Internet mehrere Quellen im Auge behalten zu müssen, um zuerst überhaupt ein geeignetes Modell zu finden und dann den günstigsten Preis auszumachen, ist mir für meine Freizeit zu hoch. Was man daran ändern kann, weiß ich jedoch nicht. Die (Digicam-)Hersteller werden weiterhin Modelle wie am Fließband produzieren, die sich teilweise kaum voneinander unterscheiden. Die Tester werden weiterhin zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Und die Preisgestaltung wird auch in Zukunft undurchsichtig bleiben. Aber immerhin: mit der Kamera bin ich nun sehr zufrieden. Und der übereifrige Weichzeichner im Portraitmodus schafft es sogar die Augenringe vom stundenlangen Suchen nach der richtigen Digicam wegzuretuschieren. (Birgit Riegler, derStandard.at/ 14. November 2010)

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