Ein palästinensischer Bauer steht neben einem vergifteten Olivenbaum nahe der Siedlung Quedumim. Jedes Jahr werden hunderte Ölbäume von israelischen Siedlern vandalisiert. Foto: Susanne Sagmeister

Foto: Standard/Susanne Sagmeister

Oliven sind ein Hauptexport der Palästinenser im Westjordanland. Ihre Ernte wird zunehmend schwierig.

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Rabbis und Menschenrechtler helfen bei ihrem Schutz.

Kufr Qadum – Die Bäume sind ausgerissen, vergiftet oder abgefackelt. Jahr für Jahr finden die Bauern des palästinensischen Dorfes Kufr Qadum im Westjordanland ihre Olivenhaine so vor. Am Hügel gegenüber ernten indes israelische Siedler seelenruhig die Oliven der Palästinenser ab. Der Bauer Omar Yosaf Istwel darf sein eigenes Land nicht betreten. "Das ist eine militärische Sperrzone" , ruft ein israelischer Soldat ihm zu.

Israels Militär kann jederzeit und ohne Angabe von Gründen ein Stück Land zum Sperrgebiet machen. Oft dient das als Vorwand für die Vertreibung der Bauern von ihren Feldern. Auf die Frage nach dem Grund für seine Vertreibung bekam Omar damals eine klare Antwort: "Deshalb. Das ist unser Land!"

Religiöse jüdische Siedler sehen das Westjordanland, das Israel seit 1967 besetzt, als ihr Erbrecht an. Israel fördert den Bau der Siedlungen, die nach internationalem Recht illegale Landnahme darstellen. Mittlerweile leben rund eine halbe Million Israelis in 133 Siedlungen und 100 Außenposten. Diese umfassen 42 Prozent des Westjordanlandes.

Eigenes Land als Sperrgebiet

Um ihr eigenes Land zumindest zur Erntezeit betreten zu dürfen, erhalten die arabischen Bauern eine Extragenehmigung. Jedes Gebiet, das im Umkreis von rund 500 Metern zu einer Siedlung liegt, ist Sperrgebiet. Ob die Oliven schon reif sind oder die Familie länger für die Ernte braucht, spielt für die Dauer der Erlaubnis keine Rolle. Den Rest des Jahres dürfen die Bauern ihr Land nicht betreten. Tun sie es doch, werden sie vom Militär verjagt.

"Israels Armee schützt zwar – vorgeblich – die Bauern, aber die Bäume beschützt sie nicht", sagt Yehiel Grenimann von "Rabbiner für Menschenrechte" . Mitarbeiter seiner Gruppe und von "International Women Peace Service" begleiten die Bauern bei der Ernte, um Übergriffe zu verhindern. Der Vandalismus verstoße gegen religiösen Gesetze, klagt der Rabbi.

Rund 80 Prozent der Bevölkerung im Westjordanlandes lebten von der Olivenernte, sagt Sager Subhi Obeed, der Vizebürgermeister von Kufr Qadum. Die Zerstörung der Bäume gefährde die Existenz vieler Familien. Direkt neben Kufr Qadum wurde vor 35 Jahren die israelische Siedlung Quedumim gegründet. Die Straße, die zu den Hainen führte, geht mitten durch die Siedlung und ist für die Palästinenser gesperrt.

Statt zehn Minuten mit dem Esel oder Traktor brauchen die Bauern mehr als eine halbe Stunde zu ihren Feldern. Um dann oft an der Ernte gehindert zu werden. "Man sorgt sich um seine Bäume genauso wie um seine Kinder", sagt Omar traurig. (von Birgit Müllegger, Susanne Sagmeister und Ursula Sagmeister/DER STANDARD, Printausgabe, 15.11.2010)