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Ende Oktober veranstalteten die Schweizer Grünen eine Demonstration gegen Atomenergie - nun wurden drei Standorte für den Bau eines neuen Kernkraftwerks ausgewählt.

Foto: REUTERS/Arnd Wiegmann

Für den Bau neuer Atomkraftwerke in der Schweiz kommen weiterhin alle drei zur Diskussion stehenden Standorte infrage. Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) erachtet die Standorte in Beznau (Kanton Aargau), Gösgen (Kanton Solothurn) und Mühleberg (Kanton Bern) als geeignet.

Aus Sicht der nuklearen Sicherheit könne an allen drei Standorten ein neues Kernkraftwerk gebaut werden, sagte ENSI-Direktor Hans Wanner am Montag in Bern. Der Schutz von Mensch und Umwelt vor Radioaktivität könne sichergestellt werden. Um den Bau eines Atomkraftwerkes bewerben sich der Stromkonzern Alpiq am Standort Gösgen sowie die Konzerne Axpo und BKW an den Standorten Beznau und Mühleberg. In den Rahmenbewilligungsgesuchen machten sie laut Wanner weitgehend vollständige und korrekte Angaben. Aus Sicht des ENSI haben sie auch den Nachweis für die Entsorgung der radioaktiven Abfälle erbracht.

Im Hinblick auf eine Baubewilligung formuliert das ENSI allerdings Auflagen. So sollen alle drei Standorte weitere Abklärungen zur Erdbebengefährdung treffen. Das ENSI verlangt, dass sie Mikrobeben erfassen und die Gefährdung unter Berücksichtigung des lokalen Baugrunds analysieren. Die Daten sollen bei der baulichen Konzeption der neuen Atomkraftwerke berücksichtigt werden.

Eine weitere Auflage betrifft die Strahlenbelastung in der Umgebung. Heute beträgt die maximal zulässige Strahlenexposition 0,3 Millisievert pro Jahr. Das ENSI hält nun fest, dass dieser Richtwert für den gesamten Standort gilt, also auch dann, wenn die alten AKW während einer Übergangsphase parallel zu den neuen Anlagen in Betrieb sind.

Hochwasser und Felsstürze als Gefahren

Für den Standort Benznau, der auf einer Insel der Aare liegt, verlangt das ENSI zusätzliche Angaben zum Hochwasserschutz. Beim Standort Mühleberg wiederum sieht es eine mögliche Gefährdung durch Felsstürze, Steinschlag und Rutschungen. Anders als das bestehende AKW würde das neue in einem "potenziellen Rutschgebiet" gebaut, wie Wanner erklärte. Die Gesuchsteller müssen dazu nun vertiefte Untersuchungen durchführen.

Eine "Rangliste" lasse sich aus diesen Befunden nicht erstellen, betonte Wanner. Aufgabe des ENSI sei es nicht, die Standorte miteinander zu vergleichen, sondern zu prüfen, ob sie die gesetzlichen Anforderungen erfüllten. "Die Unterschiede sind nicht enorm", fügte der ENSI-Direktor an.

Schutzhülle gegen Flugzeugabstürze

Laut Wanner sind die Anforderungen an die geplanten Atomkraftwerke höher als jene an die bereits existierenden. Beispielsweise muss die Schutzhülle einem Absturz von Flugzeugen jeglicher Größe standhalten. Die bestehenden Anlagen erfüllen diese Anforderung nicht. Sie müssen deshalb auf andere Weise sicherstellen, dass es bei einem Absturz nicht zu einer Kernschmelze käme.

Als nächstes nimmt nun die Kommission für nukleare Sicherheit (KNS) Stellung zu den ENSI-Gutachten. Anfang 2011 erhalten dann die Kantone Gelegenheit, sich zu den drei Ansuchen zu äußern. Die öffentliche Auflage erfolgt Mitte 2011. Damit falle der Startschuss für das Einspracheverfahren, sagte Franz Schnider, Vizedirektor des Schweizer Bundesamtes für Energie.

Volksabstimmung Ende 2013 möglich

Die Schweizer Regierung (Bundesrat) wird voraussichtlich Mitte 2012 über die drei Ansuchen entscheiden. Danach ist das Parlament am Zug. Das letzte Wort wird das Volk haben: Eine Volksabstimmung könnte gegen Ende 2013 stattfinden. Bei einem Ja würden das oder die neuen AKW laut Schnider zwischen 2025 und 2027 ans Netz gehen.

Möglich ist, dass sich die Stromkonzerne schon vor einer politischen Entscheidung auf zwei Standorte einigen. "Wir gehen davon aus, dass das auch im Interesse der Gesuchsteller wäre", sagte Schnider. (APA/sda)