Belgrad - Der seit Jahren gesuchte einstige Militärchef der bosnischen Serben, Ratko Mladic, versteckt sich nach Meinung des Chefanklägers des UNO-Kriegsverbrechertribunals Serge Brammertz weiterhin in Serbien. "Die wichtigste Hypothese unserer Ermittlung ist jene, dass sich in Belgrad die Lösung für die Festnahme von Ratko Mladic befindet", erklärte Brammertz bei seinem Besuch heute, Montag, in Serbien. Die Aktionen seien aber nicht nur auf Serbien beschränkt, unterstrich der Chefankläger laut dem Sender B-92.

"Hat sich Mladic bisher mit Erfolg versteckt, so gibt es mit Gewissheit Gründe dafür", meinte Brammertz unter dem Hinweis, dass es sich um ein Berufsheer handelt, das die Verstecktechnik gut kennt. "Es ist klar, dass er nicht alleine ist und die Unterstützung anderer Personen genießt. Dies steht im Mittelpunkt der Fahndung", präzisierte er. Auch sei es sehr wichtig, die Helfer vor Gericht zu bringen. Damit würden Signale gesendet, dass sie Gefahr laufen, zu drakonischen Haftstrafen verurteilt zu werden, sagte der UNO-Chefankläger.

Verfahren gegen Helfer

In einem seit vier Jahren laufenden Verfahren gegen zehn einstige Helfer von Mladic wird in Belgrad derzeit die Urteilsverkündung erwartet. Nachdem kürzlich der Urteilsspruch unerwartet verschoben worden war, hatten serbische Medien spekuliert, dass die Angeklagten mit einem Freispruch rechnen könnten. Die Sonderstaatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen teilte daraufhin mit, dass sie künftig die Verfahren gegen die Helfer Mladics übernehmen würde.

Die serbische Regierung und alle zuständigen Institutionen seien einer vollen Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal gewidmet. Auch würden kontinuierlich alle möglichen Anstrengungen unternommen, um die zwei flüchtigen Angeklagten - neben Mladic auch noch der ehemalige Chef der kroatischen Serben Goran Hadzic -, vor das UNO-Tribunal zu bringen, versicherte Premier Mirko Cvetkovic im Gespräch mit Brammertz laut einer Aussendung seines Kabinetts. Die Zusammenarbeit zwischen Serbien und Den Haag sei seiner Ansicht nach durch den "unzweifelhaften politischen Willen und eine hohe Stufe der Zusammenarbeit auf technisch-operativer Ebene" gekennzeichnet, erklärte Cvetkovic.

Was die Anträge des UNO-Tribunals bezüglichen Unterlagen, dem Zutritt zu Archiven und sonstigen technischen Aspekten der Zusammenarbeit anbelange, so gebe es keine offenen Fragen, versicherte andererseits Arbeitsminister Rasim Ljajic nach dem Treffen mit Brammertz. Dass es Fortschritte in der Zusammenarbeit seit 2008 gibt, stellte auch der UNO-Chefankläger fest. Es gebe jedoch weiterhin Bereiche, in welchen mehr getan werden könnte, meinte er.

Die serbischen Behörden haben in den letzten Jahren 44 Angeklagte an das UNO-Tribunal ausgeliefert. "Offenbar ist es schwieriger an Mladic und Hadzic zu kommen. Wir setzen unsere Arbeit fort, um dieses Hindernis auf dem Weg in die EU-Integration Serbiens zu beseitigen", versicherte Dusan Ignjatovic, Leiter der Regierungskanzlei für Zusammenarbeit mit dem Haager Gericht, gegenüber Belgrader Medien.

Am Nachmittag stehe ihm der schwierigste und wichtigste Teil seines Besuches in Belgrad, das Treffen mit dem Fahndungsteam bevor, sagte Brammertz, der vor der Abreise auch noch mit dem serbischen Präsidenten Boris Tadic zusammenkommen wird. Der UNO-Chefankläger hatte in den letzten Monaten wiederholt die Verfahrensweise der serbischen Fahnder kritisiert. Was konkret er bemängelt, wurde in Belgrad nie veröffentlicht.

Der UNO-Chefankläger will nach eigenen Angaben bereits am Mittwoch seinen neuesten Bericht dem UNO-Sicherheitsrat vorstellen. Dieser soll sich damit bei einer Sitzung am 6. Dezember befassen.

Die serbische Regierung hatte kürzlich das Kopfgeld für Mladic und Hadzic aufgestockt. Für Hinweise, die zur Festnahme des früheren Militärchefs der bosnischen Serben führen würden, wurde die angebotene Summe von einer auf zehn Mio. Dollar erhöht. Für Hadzic wurden 250.000 Euro angeboten. (APA)