Loipersdorf wird nicht zum Unwort des Jahres, doch was dort an Budgetmaßnahmen beschlossen wurde, verdient zumindest das Prädikat kleinmütig. Man könnte auch härter formulieren und von Feigheit sprechen, weil die geplanten Sparmaßnahmen ausgabenseitig vor allem jene treffen, die sich wenig oder gar nicht zur Wehr setzen (können) und einnahmenseitig die Erhöhung von Massensteuern gewählt wurde. Eine Anpassung der Steuern auf Grund und Boden, Vermögen und Erbschaften auf anderswo durchaus übliche Niveaus hätte weder zur Kapitalflucht und ganz sicher nicht zum Ruin der Großgrundbesitzer geführt. Doch mit den Liechtensteins, Mayr-Melnhofs und der Kirche wollte man sich nicht anlegen.

Die Entscheidung, in allen Ressorts jedenfalls irgendwelche Einsparungen vorweisen zu müssen, setzte die Ministerien unter Druck. Heraus kam Murks. Beispielsweise im Wissenschaftsministerium, das verkündete, die außeruniversitären Forschungseinrichtungen auf null zu setzen. Proteste weisen zu Recht darauf hin, dass diese Rasenmäherpolitik widersinnig ist und Folgekosten haben wird: Einnahmenausfälle beim Drittmittelaufkommen, arbeitslose Wissenschaftler, Schließungskosten, ganz zu schweigen von den immateriellen Folgen.

Wie wenig durchdacht die Sparmaßnahmen von Frau Dr. Karl sind, macht ein Blick in andere Länder deutlich: Nach 2008 sahen sich beispielsweise auch US-amerikanische Universitäten genötigt, Sparmaßnahmen zu ergreifen. Nicht nur an privaten, sondern auch an den staatlichen Universitäten wurde der Rotstift als Erstes bei den Personalkosten angesetzt. Oftmals wurden Gehaltserhöhungen unter Einbeziehung der Professorenschaft ausgesetzt. An mancher Universität beschloss die Vollversammlung der Lehrenden, wem es zumutbar wäre, im folgenden Jahr mit weniger Lohn auskommen zu müssen. Mancherorts verzichteten die Besserverdienenden zugunsten der weniger Betuchten.

In Österreich hätte man beispielsweise den beamteten Professoren für 2011 eine Gehaltserhöhung vorenthalten können. Die Folgen wären erstens sofort budgetwirksam, hätten zweitens die Betroffenen materiell nur marginal beeinträchtig und wären drittens sogar gegenüber den nichtbeamteten Universitätsmitgliedern fair gewesen, die ohnehin Arbeitsverträge haben, die keine jährlichen Gehaltsverbesserungen vorsehen.

Dazu hätte man (nur) den Mächtigen der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Paroli bieten müssen und dafür den Applaus der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung ernten dürfen, die seit langem für ein Ende der Flächentarifverträge Stimmung machen. Eine branchenbezogen differenzierte Lohnpolitik, die in diesem Fall die Universitäten anders behandelt hätte als den Rest des öffentlichen Dienstes, steht bekanntlich seit langem auf der Agenda der Unternehmervertreter.

Warum kam es dazu nicht? Die Antwort liegt auf der Hand. Hierzulande werden immer die Insider geschützt und die Kosten immer den Schwächeren aufgebürdet. Wer hat, dem wird mehr gegeben. Wer auf Zuwendungen angewiesen ist, dem werden sie - wenn Sparen angesagt ist - genommen, egal ob er für das Wenige, das er bekommt, etwas Vorzeigbares leistet oder bislang nur das Glück hatte, einen eigenen Budgetposten erobert zu haben. Im Fall des Wissenschaftsministeriums sind jene schwach, die auf Ermessensausgaben angewiesen sind. Zum Schaden kommt dann auch noch der Spott: Es sei bei der außeruniversitären Forschung doch von verschiedener Seite ohnehin seit langem eine Strukturbereinigung gefordert worden, hörte man dieser Tage aus dem Wissenschaftsministerium.

Ob außeruniversitäre Forschungseinrichtungen förderungswürdig seien, möge man in jedem einzelnen Fall evaluieren. Sie einfach alle den Bach hinunterzuschicken, ist ein Armutszeugnis für eine Wissenschaftsministerin, die stolz darauf ist, aus der Wissenschaft zu kommen. (Christian Fleck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.11.2010)