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ORF-Betriebsratschef Gerhard Moser (rechts) über Wrabetz (links im Hintergrund): "Schon bei der Wahl zum Gerenaldirektor war klar, dass die größte Hypothek, die Wrabetz mitbringt, sein unter Regenbogenparteiwünschen zustandegekommenes Direktorium ist."

Foto: APA/Jäger

ORF-Betriebsratschef Gerhard Moser verlangt eine sofortige Neuwahl der ORF-Geschäftsführung. "Gefordert ist der Gesetzgeber, um sofortige Neuwahlen der gesamten Geschäftsführung zu ermöglichen", erklärte er in einer Stellungnahme auf STANDARD-Anfrage. Aber auch der Stiftungsrat sei gefordert, zu "verhindern, dass die immens hohen Gehälter auch nach Abberufungen oder vorgezogenen Neuwahlen voll weiter zu bezahlen sind".

Moser wörtlich über ORF-Chef Alexander Wrabetz: "Schon bei der Wahl zum Gerenaldirektor war klar, dass die größte Hypothek, die Wrabetz mitbringt, sein unter Regenbogenparteiwünschen zustandegekommenes Direktorium ist. Das hat sich in mehreren Punkten bestätigt. Es steht außer Zweifel, dass wir jetzt eine veritable Führungskrise im Unternehmen haben, dass gleich zwei Riesenbereiche, die Fernseh-Information und die Technik, interimistisch geführt werden. Das kann es nicht sein."

"In jetziger Form kann Stiftungsrat nicht effizient arbeiten"

Wenn der Gesetzgeber aktiv wird, möge er doch gleich die Forderungen des Zentralbetriebsrats berücksichtigen: "drastische Verkleinerung des Gremiums" und "Anwendung der aktienrechtlichen Bestimmungen" (ein Drittel Betriebsräte im Aufsichtsrat, allerdings auch mit anderen Mitbestimmungsmöglichkeiten, Anm.).  Moser: "In der jetzigen Form und Größe kann der Stiftungsrat nicht effizient arbeiten."

Wrabetz hätte Causa Oberhauser "selbst lösen müssen"

Der Betriebsratschef nennt die Ablöse Elmar Oberhausers einen "selbstverständlich  rabenschwarzen Tag für den ORF und für den Stiftungsrat." ORF-Chef Alexander Wrabetz hätte "die Sache lange vorher und vor allem selbst lösen müssen", findet er: So hat er uns, den Stiftungsräten, die heiße Kartoffel serviert, und das Gremium an den Rand seiner Kompetenzen und Belastbarkeiten geführt." Für die Abwahl von Direktoren, so sie nicht freiwillig gehen, ist der Stiftungsrat zuständig.

Moser begründet auch sein Votum für Oberhausers Abwahl: "Ich selbst habe schließlich für die Abwahl des Direktors gestimmt, weil mich das verhalten Oberhausers in dieser Sitzung davon überzeugt hat, dass eine Fortsetzung des Gespanns Wrabetz-Oberhauser schlicht unmöglich ist." Nun fordert Moser neuerlich die Neuwahl der kompletten ORF-Führung.

Journalistenprotest "nicht unumstritten"

Den Protest prominenter ORF-Journalisten über Politeinfluss im Stiftungsrat nach Oberhausers Abwahl findet Moser "durchaus nachvollziehbar". Aber: Das Schreiben habe "mich und auch die anderen Stiftungsräte nie erreicht", es sei direkt an die Öffentlichkeit, aber nicht an die Adressaten gegangen. "Wie soll man also darüber diskutieren?", fragt Moser: "Öffentlich sicher nicht."

Das Schreiben sei in der ORF-Belegschaft "nicht unumstritten". Das bestätigten als "erste Gratulanten" "der Ex-ÖVP-Politiker und -ORF-Generalsekretär Kurt Bergmann" und "Kurier"-Mann Peter Rabl. Moser: "Das ist nicht gerade die Gesellschaft, die ich mir in ORF-Belangen wünsche." 

100 Unterzeichner

Fast 100 ORF-Journalisten unterzeichneten den Protestbrief gegen das "Diktat der Parteisekretariate" bis Dienstag.

Vizekanzler Josef Pröll (VP) teilt Mosers Befund über die Führungskrise und spricht von einem "Führungsvakuum der Sonderklasse". Kurz nach der Abwahl von Infodirektor Elmar Oberhauser starb der Technikdirektor, beide Ressorts will Alexander Wrabetz neben der Generaldirektion führen. Pröll sieht den ORF in "schwerer Schräglage".

Frühere ORF-Wahlen müsste der Stiftungsrat wollen, sagt Kanzler Werner Faymann (SP). Vorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp (SP) ist dafür, Vize Franz Medwenitsch (VP), wenn der Gesetzgeber die Funktionsperiode der Geschäftsführung dafür verkürzt.

Protest gegen Strobl

Die ORF-Journalisten distanzierten sich Dienstag von ORF-Sprecher Pius Strobl, der am Rande des Stiftungsrats Gespräche von Direktoren und Journalisten aufzeichnen ließ. Der Verband Medienjournalismus (MÖ) protestierte dagegen und gegen Strobls Aussagen, Journalisten schrieben voreingenommen negativ über den ORF. Strobl entschuldigte sich Dienstag.

FP-Stiftungsrat Steger sieht unterdessen den Verdacht des "Missbrauchs von Tonaufnahme- und Abhörgeräten" laut Strafgesetzbuch gegeben. Eine Anzeige steht im Raum. (fid)