Bild nicht mehr verfügbar.

Die 2005 ausgegliederten Buchhalter des Bundes haben durch Machinationen eines Beamten 16,5 Mio. Euro Schaden. Den Ersatz dafür holen sie sich nun zurück, von ihren Zwangskunden.

Foto: AP

Der Betrugsskandal in der Buchhaltungsagentur des Bundes hat nun Folgen für alle Ministerien. Der Schaden von 16,5 Mio. Euro soll über Tariferhöhungen auf die Kunden abgewälzt werden. Die Ministerien protestieren.

***

Wien - Auf die Buchhaltungsagentur des Bundes (BHAG) kommen neue Zores zu. Ministerien und andere Kunden wollen die für 2011 beschlossenen Tarife nicht akzeptieren und erheben Protest. Die bundeseigene Agentur ist der Buchhalter von allen Ministerien, obersten Organen der Republik und sonstigen vom Bund verwalteten Rechtsträgern. Sie wurde 2004 durch Ausgliederung geschaffen, bis dahin hatten den Job 79 Dienststellen erledigt.

Der Grund für die Differenzen liegt im "BHAG-Skandal", der Anfang 2009 aufgeflogen ist. Ein Bereichsleiter hatte hohe Geldbeträge von Konten der Republik auf private verschoben (und zwar in ein Pyramidenspiel) und dem verschuldeten Schulungsinstitut Venetia heimlich Schuldscheine der Republik ausgestellt, in denen offene Forderungen des Instituts beim AMS bestätigt wurden. Überwiesen wurde per Telebanking; der Beamte hatte eine vom Rechnungshof bereits zuvor beanstandete Sicherheitslücke genützt. Die Justiz ermittelt, es gilt die Unschuldsvermutung.

Der Schaden für die Agentur (16,5 Mio. Euro) soll nun auf die Kunden überwälzt werden, und zwar über einige Jahre hinweg und via Tarife. Denn aus eigenem kann die BHAG das nicht verdauen: Sie hat im Vorjahr 37,6 Mio. Euro umgesetzt, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit lag bei 2,7 Mio. Euro, der Bilanzverlust bei 10,6 Mio. und das Eigenkapital war mit 7,5 Mio. Euro negativ. Es gibt aber Patronatserklärungen des Finanzministeriums, dem die Agentur untersteht.

Laut Bilanz und Lagebericht 2008 hat die Agentur den Schaden von 16,5 Mio. Euro gegenüber dem Finanzministerium als dessen Forderung anerkannt. Sie hat sich zur Schadensgutmachung verpflichtet, bemüht sich parallel dazu um Ersatz von den Schadenverursachern. Gleichzeitig hat die BHAG das Ministerium "um Stundung und Abgabe einer Patronatserklärung (für die 16,5 Mio.) gebeten", die Wünsche wurden erfüllt.

Weisung vom Minister

Nun aber will man in Ministerium nicht mehr länger warten, der Finanzminister hat eine entsprechende Weisung an den Geschäftsführer der BHAG, Helmut Brandl, erteilt. Das Ministerium sei nicht dazu da, Verluste abzudecken, die Agentur solle wie ein Unternehmen agieren, wird intern argumentiert. Die Folge: Der Schaden (angeblich geht es noch um rund 13 Mio. Euro) wird auf rund acht Jahre aufgeteilt und den Ministerien, die ihre Buchhaltung ja von der BHAG führen lassen müssen, über Tariferhöhungen aufdividiert. Es gehe um eine Plus von rund fünf Prozent, heißt es, was BHAG-Manager Florian Pock bestreitet. Er spricht davon, dass sich nur "die Mengen unserer Leistungen erhöhen werden".

Der Aufsichtsrat (in dem die Vertreter der Ministerien sitzen) hat die Preiserhöhung jüngst mit Gegenstimmen beschlossen, die Ministerien sind auf der Palme. Ein Minister: "So geht's nicht, wir haben schon gegen das Verhalten der Agentur demonstriert." Und ein Beamter im Kanzleramt: "Es kann nicht sein, dass wir für einen Schaden geradestehen, für den wir nichts können. Wir werden weiter zahlen, aber die Preiserhöhung abziehen."

Der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats wehrt sich auf seine Weise. Er muss das vom Aufsichtsrat beschlossene neue "Preisblatt" der Agentur mit Empfehlung an den Finanzminister weiterreichen, der dann das letzte Wort hat. Heuer wird der Ausschuss die Annahme des Preisblatts nicht empfehlen - was freilich nichts nützen wird. (Renate Graber, DER STANDARD, Printausgabe, 17.11.2010)