Paris - Das Todesurteil gegen den schwerkranken irakischen Ex-Vizepremier Tarek Aziz, das allgemein als Racheakt der schiitisch dominierten Regierung unter Nuri al-Maliki an dem christlichen Spitzendiplomaten des früheren Baath-Regimes aufgefasst worden ist, soll nicht vollstreckt werden. Staatspräsident Jalal Talabani erklärte, er werde der Hinrichtungsverfügung seine Unterschrift verweigern. Er sei Sozialist und sympathisiere mit Tarek Aziz, weil dieser ein irakischer Christ sei. Außerdem sei der Verurteilte ein alter Mann, betonte der Kurde Talabani am Mittwoch gegenüber dem Sender France 24.

Ein irakisches Gericht hatte Tarek Aziz im Oktober wegen der Verfolgung islamischer Parteien zum Tode verurteilt. Der Ex-Diplomat galt lange als das freundliche Gesicht des Irak. Der Baath-Politiker hatte sich im April 2003 nach dem US-Einmarsch im Irak der US-Armee ergeben und war in Camp Cropper, einem Gefangenenlager nahe Bagdad, inhaftiert worden. Seine teilweise in Österreich niedergelassene Familie forderte wegen gesundheitlicher Probleme, insbesondere gravierender Herzbeschwerden und Diabetes, wiederholt die Freilassung des 1936 geborenen chaldäisch-katholischen Christen.

"Nein, ich werde das Todesurteil gegen Tarik Aziz nicht unterzeichnen, ich werde überhaupt gar kein Todesurteil unterzeichnen, weil ich als Sozialdemokrat dagegen bin", sagte Talabani. "Das ist ein irakischer Christ, (...) ein alter Mann, der über 70 Jahre ist. Aus all diesen Gründen werde ich niemals seine Verurteilung zur Todesstrafe unterzeichnen."

Tarek Aziz war wiederholt im Vatikan mit dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. und dessen engsten Mitarbeitern zusammengekommen. Die letzte Audienz fand am 14. Februar 2003 statt, wenige Tage vor Beginn der US-amerikanischen Invasion. Aziz soll in Gefangenschaft mehrere Herzinfarkte erlitten haben. Sein Anwalt machte die schlechten Haftbedingungen für die Gesundheitsprobleme verantwortlich: Die US-Amerikaner hielten Aziz in einem "für Hunde reservierten Raum", den er nur selten verlassen dürfe, hatte es geheißen.

Der irakische Staatspräsident Talabani hatte schon das Todesurteil gegen Saddam Hussein nicht unterzeichnet. Die Strafe wurde dennoch vollstreckt, weil bis vor kurzem andere Vertreter der Exekutive den Präsidenten überstimmen konnten. Sie unterzeichneten dann für Talabani das Todesurteil. Das Verfahren fand nicht nur beim Ex-Diktator selbst, sondern auch bei zahlreichen Gefolgsleuten Saddams Anwendung. (APA/Reuters/dpa)