Klosterneuburg - Zwei hoch dotierte Forschungsförderpreise des European Research Council (Europäischer Forschungsrat, ERC) gehen an Wissenschafter des Institute of Science and Technology (IST) Austria in Maria Gugging (NÖ). IST-Präsident Thomas Henzinger und der Neurowissenschafter Peter Jonas erhalten für ihre Forschungsarbeiten jeweils einen ERC-"Advanced Grant". In Summe beträgt die Förderung fünf Millionen Euro für die kommenden fünf Jahre, teilte das IST Austria am Mittwoch mit.

Jonas ist einer der im Vorjahr berufenen neuen Professoren am IST Austria. Er arbeitete bisher an der Uni Freiburg und übersiedelt derzeit an das IST Austria. Er wird sich in seinem ERC-Projekt mit einem von - grob gesprochen - insgesamt zwei im menschlichen Gehirn vorkommenden Typen von Nervenzellen beschäftigen, den sogenannten "GABAergen Interneuronen". Während über die Funktion des zweiten Nervenzellen-Typs, die sogenannten glutamatergen Prinzipalneuronen, sehr viel bekannt ist, ist das Wissen über die Funktion der "GABAergen Interneuronen" sehr begrenzt, erklärte Jonas.

Der Wissenschafter will sich in dem Projekt ganz einem bestimmten Typ dieser Interneuronen widmen, den sogenannten Parvalbumin-exprimierenden Korbzellen im "Gyrus dentatus", einem Teil der Gehirnstruktur Hippocampus. Diese Korbzellen spielen eine wichtige Rolle bei der Kontrolle von Aktivität im Nervensystem. Sie bilden Kontakte auf Tausenden von Prinzipalneuronen und können diese sehr wirkungsvoll hemmen. Diese Zellen besitzen auch eine enorme Bedeutung für Erkrankungen des Gehirns, beispielsweise bei Schizophrenie, Depression, Epilepsie und neurodegenerativen Erkrankungen. Die Wissenschafter wollen die Funktion dieses wichtigen Zelltyps lückenlos verstehen, und zwar mit einer räumlichen Auflösung von Nanometern und einer zeitlichen Auflösung von Mikrosekunden, wofür ein kombinierter Einsatz zahlreicher Methoden notwendig sei.

ERC-Projekt Fehlersuche

Henzinger wird sich in seinem ERC-Projekt einem seiner Schwerpunktthemen widmen: der Entwicklung von Methoden zur Verbesserung von Software, wobei es vor allem darum geht, Fehler zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu entdecken. Nicht erst bei der Fertigstellung soll Software geprüft werden, sondern Prüfprogramme sollen laufend die Software auf Fehler untersuchen. In einem interdisziplinären Ansatz sollen diese Methoden auch im Bereich Biologie angewendet werden, etwa um Hypothesen über Mechanismen in Daten aus biologischen Experimenten zu testen.

Mit den Förderungen für Henzinger und Jonas gehen bereits der zweite und dritte "Advanced Grant" an das IST Austria. Im Vorjahr wurde IST-Professor Nick Barton für sein Projekt "Limits to Selection in Biology and in Evolutionary Computation" an der Schnittstelle von Biologie und Informatik mit dem Förderpreis ausgezeichnet. Zudem hat IST-Assistant Professor Sylvia Cremer ihren ERC-"Starting Grant" von ihrer vorhergehenden Arbeitsstelle, der Uni Regensburg, an das IST transferiert. Vorteil für die IST-Wissenschafter: Der Bund verdoppelt eingeworbene Drittmittel bis zu einem Betrag von 95 Millionen Euro.

Adrian Constantin wird für Forschung über Wasserwellen gefördert

 

Der an der Universität Wien lehrende Mathematiker Adrian Constantin erhält für seine Forschung über Wasserwellen ebenfalls einen "Advanced Grant" des European Research Council (Europäischer Forschungsrat, ERC). Mit dieser Förderung wird grundlagenorientierte Pionierforschung für einen Zeitraum von fünf Jahren mit maximal 3,5 Millionen Euro unterstützt.

In seinem Projekt "Nichtlineare Studien von Wasserwellen mit Wirbelverteilung" untersucht der aus Rumänien stammende Professor an der Fakultät für Mathematik die Wechselwirkung zwischen Wellen und Strömungen. "Erstaunliche Simulationen weisen darauf hin, dass gewisse periodische Wellen eine Omega-förmige Gestalt mit konstanter Geschwindigkeit für lange Zeit aufweisen. Im Falle einer regelmäßigen Strömung sind solche Wellenformen nicht möglich - Wellenbrechung wäre unvermeidlich", so Constantin in einer Aussendung. Seine Forschungsergebnisse sind unter anderem für die Vorhersage von Tsunamis relevant.

Constantin ist bereits der sechste Forscher der Uni Wien, der einen "Advanced Grant" erhält - allein die Mathematiker haben bereits drei der hochdotierten Förderpreise abgeräumt. Mit den "Advanced Grants" (für bereits etablierte Forscher) und "Starting Grants" (für Nachwuchs-Wissenschafter) des ERC fördert die Europäische Union im 7. Rahmenprogramm für Forschung erstmals Grundlagenforschung mit insgesamt 7,5 Milliarden Euro (2007-2013).  (red/APA)