Wien - Österreichische Unternehmen werden jedes Jahr durch Wirtschafts- und Industriespionage um 880 Mio. Euro geschädigt, haben die Autoren einer am Donnerstag veröffentlichten Studie errechnet. Die Bereitschaft nach eingetretenem Schaden zur Polizei zu gehen, ist gering, sagte Peter Gridling, der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT): "Es gibt seitens der Wirtschaft kaum Kooperation mit den Ermittlungsbehörden."
Hauptgrund dafür sei die Angst, dann in der Öffentlichkeit zu stehen und auch noch einen Imageschaden hinnehmen zu müssen, hieß es. 31 Prozent der Unternehmen reagieren nach einem aufgeflogenen Fall aber nicht einmal mit hausinternen Maßnahmen. 85 Prozent wissen gar nicht, dass die Sicherheitsbehörden auch im Bereich der Wirtschaftsspionage tätig sind.
Über eine Online-Umfrage hat die Fachhochschule Campus Wien versucht, auch Schadenshöhen zu ermitteln und die Ergebnisse dann auf Österreich hochgerechnet. Zentrales Ergebnis: der jährliche Schaden bei den österreichischen Betrieben soll sich auf 880 Mio. Euro jährlich summieren und damit (relativ) höher sein, als eine in Baden-Württemberg durchgeführte vergleichbare Studie für Deutschland errechnet (rund 7 Mrd. Euro). Der höchste in der Befragung erwähnte Schaden wird mit mehr als 1,5 Mio. Euro beziffert. Überdurchschnittlich betroffen soll die IT-/Telekommunkationsbranche sein.
Untreue Kooperationspartner
31 Prozent aller an der Befragung teilnehmenden Unternehmen (220 Antworten) meldeten einen "ungewollten Informationsabfluss". Dessen Quelle wird mehrheitlich bei den Mitarbeitern (48 Prozent ehemalige, 9 Prozent aktive Mitarbeiter) gesehen. Für 22 Prozent lag die undichte Stelle bei untreuen Kooperationspartnern, nur zwei Prozent fühlen sich von ausländischen Nachrichtendiensten ausgespäht.
"Oft wird die Gefahr im Alltagsleben unterschätzt", sagte Gridling. Wesentlich sei es, Mitarbeiter für die Gefahr, ausgehorcht zu werden, zu sensibilisieren.
Acht Prozent der antwortenden Unternehmen zählen sich zur Hochrisikogruppe, für fünf Prozent ist der Verlust von kritischen Informationen existenzbedrohend. Der Fachbereich Risikomanagement der FH will im kommenden Frühjahr ein Sicherheitshandbuch mit Tipps für Unternehmen veröffentlichen.
Aktuell machen nur rund 18 Prozent der Betriebe einen Sicherheitscheck für Neueintritte, immerhin 69 Prozent ergreifen Sicherheitsmaßnahmen beim Firmenaustritt (z.B. Streichung von Zugangsberechtigungen). Immerhin 81 Prozent schreiben eine Geheimhaltungsvereinbarung in den Dienstvertrag. (APA)