Oslo - Zur Entgegennahme des diesjährigen Friedensnobelpreises am 10. Dezember kann voraussichtlich kein Familienangehöriger oder Vertreter des Preisträgers, des inhaftierten chinesischen Bürgerrechtskämpfers Liu Xiabo, nach Oslo kommen. Das teilte das Nobel-Komitee am Donnerstag in der norwegischen Hauptstadt mit.
Der Sekretär des Komitees, Geir Lundestad, sagte, sollte sich nicht noch in letzter Minute etwas ändern, werde das Nobelpreis-Diplom und die Ehrenmedaille bei der Zeremonie in Anwesenheit des norwegischen Königspaares nicht übergeben. Liu sitzt im Gefängnis, seine Frau ist nach der Bekanntgabe der Preiszuerkennung Anfang Oktober unter Hausarrest gestellt worden.

Lius Anwalt Mo Shaoping ist am Verlassen des Landes gehindert worden, als er zu einer Konferenz nach London fliegen wollte. Die Behörden hätten offenbar Angst, dass er nach Oslo weiterreisen und dort für Liu den Preis entgegennehmen könnte, sagte Mo. Die chinesische Regierung hat versucht, massiven Druck auf andere Staaten auszuüben, damit diese keine offiziellen Vertreter zur Preisverleihung entsenden.

Liu, der im Dezember 2009 zu elf Jahren Haft verurteilt wurde, sitzt wegen „Untergrabung der Staatsgewalt" im Gefängnis, weil er an der „Charta 08" mitgewirkt hatte, einem Bürgerrechts-Manifest mit dem Aufruf zur Beendigung der KP-Diktatur. Darin hatte es unter anderem geheißen: „Ob zugelassen wird, dass die Diktatur der Kommunistischen Partei, die mehr als eine Milliarde Menschen zu Geiseln genommen hat, weiter die menschliche Zivilisation schwächt, oder ob die größte Geiselgruppe der Welt von der Versklavung befreit wird, ist nicht nur eine dringliche Frage für das chinesische Volk selbst, sondern für alle freien Nationen."

Update 17:00 Uhr: Sechs Länder schicken keine Vertreter zur Preisverleihung

Sechs Länder, darunter China und Russland, haben die Einladung zur Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Oppositionellen Liu Xiaobo in dessen Abwesenheit ausgeschlagen. Auch Kasachstan, Kuba, Marokko und der Irak wollten keine Vertreter zu der Zeremonie am 10. Dezember in Oslo schicken, sagte der Sekretär des Preiskomitees, Geir Lundestad, am Donnerstag. Bis zum Donnerstagmorgen hätten 36 ausländische Botschafter die Einladung zu der Feier angenommen, aus 16 weiteren diplomatischen Vertretungen seien noch keine Antworten eingegangen. (APA/AFP/ag.)