Tallinn - Der estnische Kultur-Eklat um das National-Symphonieorchester weitet sich aus: Nachdem Kulturministerin Laine Jänes den Orchesterchef Andres Siitan fristlos entlassen hat, ist der designierte Chefdirigent des Klangkörpers, Neeme Järvi, aus Protest von seinem Posten zurückgetreten.

"Ich habe den Eindruck, in die Zeiten des sowjetischen Systems zurückgekehrt zu sein", kommentierte der amerikanisch-estnische Maestro seine Entscheidung. "Ich bin sehr unzufrieden, dass der Direktor entlassen wurde, ohne dass man mich darüber informierte." Järvi (73), dessen beiden Söhne Paavo und Kristjan Järvi ebenfalls Dirigenten sind, war bereits vor seiner Emigration in die USA im Jahr 1980 für das National-Symphonieorchester tätig. "Es war mein Lebenstraum, zurückzukommen - jetzt ist dieser Traum ruiniert."

Hintergrund des Hinauswurfs von Andres Siitan war die anhaltende Kritik des Orchesterchefs an der Verteilung des durch die rigorose Sparpolitik der Regierung stark reduzierten Kulturbudgets. Orchesterchef Siitan und Kulturministerin Jänes hatten sich gegenseitig für die prekäre finanzielle Situation des Symphonieorchesters verantwortlich gemacht.

Die drei Oppositionsparteien im Parlament in Tallinn - das Zentrum, die Sozialdemokraten und die Grünen - kündigten einen möglichen Misstrauensantrag gegen Kulturministerin Jänes an. (APA)