Der Hausarzt ist auf Urlaub. Also geht die rheumageplagte, betagte Patientin zur Vertretung. Um sich die Pillen verschreiben zu lassen, die ihr immer so gut helfen. Ob sie sich so ungefähr an den Namen erinnern kann, will die Urlaubsvertretung wissen. Nein, aber sie könne sie beschreiben, klein und rosa seien sie. Ein Fall, wie er täglich in Arztpraxen vorkommt. Und für den Elga, der elektronische Gesundheitsakt, eine Lösung verspricht. Denn über das Informationssystem sollen Ärzten auf verstreut abgelegte Patientendaten zugreifen können. Doch bis es soweit ist, wird es noch eine Weile dauern.

Widerstand

2007 groß von der damaligen Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky propagiert, ist mit Umsetzung der ersten Phase nicht vor 2012 zu rechnen. Von der Idee eines lebensbegleitenden Gesundheitsakts, 2005 noch zielsetzendes Thema, sind die Verantwortlichen längst abgekommen. Zu groß der Widerstand seitens Datenschützern und Ärzteschaft.

Was also ist von den Plänen übrig geblieben und was soll es dem Patienten bringen? "Elga soll vorrangig Abläufe in der Arzt-Patienten-Beziehung erleichtern", definiert Susanne Herbeck, seit November 2009 Geschäftsführerin der Elga Gmbh, das Ziel. Patienten pilgerten immer wieder von Arzt zu Arzt, oft gingen Befunde, Verordnungen oder Dinge wie Impfpässe verloren, veranschaulicht die Elga-Frontfrau. Diese wieder zu beschaffen, stelle Patient und Arzt gleichermaßen vor ein Problem, das Zeit und Geld koste.

Keine zentrale Datenbank

Gesundheitsdaten wie Befunde sollen mit Elga künftig protokolliert über einen Link von dort aufgerufen werden können, wo sie anfallen - es handle sich dabei um keine zentrale Datenbank, betont sie. Voraussetzung ist eine Zugriffsberechtigung - für Dienstleister wie Ärzte, Krankenhäuser, Ambulanzen, Hebammen, Sozialdienste oder Apotheken, nicht aber für Krankenversicherungen. Ebenso stünden die Daten keinesfalls für statistische Auswertungen zur Verfügung, auch wenn es dafür Begehrlichkeiten gebe.

Der Rechtsrahmen für die Weitergabe der Gesundheitsdaten soll mit der Novellierung des Gesundheitstelematikgesetz gezimmert werden. Herbeck hofft, dass diese noch heuer begutachtet wird. Danach werden die Strukturen für Zugangsberechtigung, Protokollierung der Zugriffe, Einbindung des Patientenindex und Gesundheitsdiensteanbieter geregelt. Zeithorizont: Anfang 2012.

Pilotprojekt

Zum Jahreswechsel soll immerhin ein Pilotprojekt "E-Medikation" anlaufen. Verschriebene Medikamente, die Patienten in der Apotheke abholen, werden in eine Datenbank eingetragen. Alle Beteiligten können Einsicht nehmen und sofort erkennen, wer welche Medikamente nimmt und gesundheitsgefährende Wechselwirkungen verhindern.

Herbecks Hauptaufgabe wird aber sein, die Bedenken der Ärzte zu zerstreuen - die bisher flächendeckend "nicht unbedingt technophil" sei, sagt sie. Dies werde sich aber mit jener Mediziner-Generation ändern, "für die der Computer ein ganz normales Arbeitswerkzeug ist". (Karin Tzschentke/ DER STANDARD Printausgabe, 19. November 2011)

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