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Dorothea Schittenhelm (li.) mit ihrer Vorgängerin Maria Rauch-Kallat.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Die ÖVP-Frauen wählen am Samstag in Innsbruck Dorothea Schittenhelm zu ihrer neuen Frauenchefin. In ihrem Antrittsinterview kündigte die langjährige Bürgermeisterin des niederösterreichischen Bisamberg an, für einen höheren Frauenanteil in ihrer Partei zu kämpfen. Die Wahllisten sollen künftig nach dem Reißverschlusssystem erstellt werden. Beim Bundestag der ÖVP-Frauen werde es einen entsprechenden Leitantrag geben. Heftige Kritik übte Schittenhelm am neuen Gleichbehandlungsgesetz.

Dass das Gesetz, das zur Offenlegung der Gehälter innerhalb von Unternehmen verpflichtet, Strafen für ArbeitnehmerInnen vorsieht, die über diesen Offenlegungsbericht sprechen, "kommen überhaupt nicht in Frage", sagte Schittenhelm. "Es kann nicht sein", dass ArbeitnehmerInnen bestraft werden, wenn sie darüber öffentlich reden, es aber auf der anderen Seite für Unternehmen, die die Durchschnittsgehälter nicht offen legen, keine Sanktionen gebe. Hier will Schittenhelm noch nachverhandeln.

"Erschreckende" Einkommensschere

Die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen bezeichnete Schittenhelm als "erschreckend". Sie sieht hier nicht zuletzt auch die SozialpartnerInnen gefordert. Diese müssten sich des Problems annehmen, dass in Bereichen, in denen primär Frauen beschäftigt sind, die Gehälter grundsätzlich niedriger sind.

Handlungsbedarf sieht Schittenhelm auch beim Frauenanteil in Aufsichtsräten und auf Chefebene. Sie kann sich auch die Einführung von Quoten vorstellen, auch wenn für sie dieser Begriff negativ besetzt ist. Schittenhelm lehnt allerdings generelle Strafen und Quoten für Unternehmen ab. Frauenquoten etwa in der Baubranche seien nicht machbar. Die 56-Jährige sieht aber Frauen- und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek von der SPÖ im öffentlichen Sektor, in dem die Führungsebenen ebenfalls männerdominiert sind, gefordert. Schittenhelm nannte unter anderem die Krankenkassen, den ÖBB-Aufsichtsrat und das ORF-Direktorium. Hier gebe es "viele Baustellen". Der öffentliche Sektor müsse beispielgebend für die Privatwirtschaft sein.

ÖVP-Turbo

In der eigenen Partei will Schittenhelm ebenfalls aktiv werden und die Frauen innerhalb der ÖVP stärken, da möchte sie als "Turbo" vorangehen. "Die Partei muss uns spüren", so Schittenhelm. Die Vorschläge der VP-Frauen sollen nicht nur gehört, sondern auch umgesetzt werden. Die derzeitige Frauenquote in der Politik, etwa in den Nationalratsklubs, bezeichnete sie als "beschämend." Zwar gebe es in der ÖVP eine 30-Prozent-Quote, aber die wählbaren Plätze werden von Männern besetzt und "irgendwo zwischen den Plätzen 50 und 60 habe ich die 30 Prozent". Mit dem Reißverschlusssystem soll das geändert werden. Derzeit sitzen im Nationalrat für die ÖVP 13 Frauen und 40 Männer, das entspricht einem Frauenanteil von nicht einmal ganz 25 Prozent. Ein Anreizsystem über die Klubförderung bezeichnet Schittenhelm als "interessant", sie sei aber grundsätzlich gegen Strafen.

In der Debatte um einen Kurswechsel in der ÖVP von Geld- zu Sachleistungen sieht Schittenhelm ebenfalls Bedarf nach einem Ausbau der Betreuungsstrukturen. "Wir sind da hinten nach." Man könne nicht sagen, "wir sind für Wahlfreiheit, wenn es keine Wahl gibt". Das Geld sei "das eine, aber wir haben deswegen kein einziges Kind mehr bekommen". Es brauche Infrastruktur. (APA)